Werkleitz, Wahlkampf und Zensur

von 21. Oktober 2010

Für Aufregung sorgte vergangene Woche das Werkleitz-Festival “Angst hat große Augen“ in Halle (Saale). Die Künstler ließen eine Bombe auf der Ziegelwiese explodieren und Muezzin-Rufe über den Marktplatz schallen.

Dem CDU-Landtagsabgeordneten Marco Tullner missfiel, dass hierfür auch noch Steuergelder ausgegeben werden. “Wir kämpfen im Land um jeden Cent im Kulturbereich, gerade auch für Halle”, schrieb der Politiker auf HalleForum.de und verteidigte seine Forderung.

In Zeiten des Wahlkampfs macht sich solch ein umstrittenes Projekt gut. „Moderne Form der Zensur“, schimpfen nun SPD und Jusos. Tullner solle die Forderung nach Mittelstreichung überdenken und sich entschuldigen. “Wenn Politiker anfangen, öffentlich über Fördermittelstreichungen für Kunstprojekte nachzudenken, weil ihnen die Kunst nicht passt, dann kann man dies nur als moderne Form der Zensur bezeichnen“, so Katja Pähle, Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes Halle. „Nicht die Werkleitz Gesellschaft spielt mit dem Feuer, sondern Herr Tullner. Kunst muss anecken und provozieren dürfen, ohne dass gleich der Fördermittelscheck von den politischen Entscheidungsträgern zerrissen wird. Das hatten wir schon mal“, so Pähle weiter. „In einer Demokratie muss sich Kunst frei entfalten dürfen und die öffentliche Hand ist hierbei in der Pflicht, dies zu fördern. Dass Herr Tullner öffentlich über Fördermittelentzug nachdenkt, zeigt, dass die Werkleitz-Aktion genau ins Schwarze getroffen hat“, so der hallesche Juso-Vorsitzende Felix Peter. „Niemand würde der Moritzburg die Gelder entziehen, weil ihm die moderne Kunst – die übrigens auch einmal provoziert hat – nicht gefällt. Und im Übrigen: Bei vielen, vor allem jungen Leuten in Halle stößt das Projekt nicht auf Ablehnung“, so Peter weiter.