Wie weiter mit der Saline?

von 27. Juli 2010

Sie liegt inmitten der Stadt und befindet sich doch im Abseits: die Saline-Insel. Früher kam man hier her, um im Centrum-Warenhaus anzustehen oder nach der Wende im ersten Aldi in der Hafenstraße den Hauch des Westens in den Regalen zu spüren. Doch mit den Jahren verkam die Insel immer mehr. Historische Gebäude verfielen, Karstadt und Aldi gingen weg. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA 2010 soll nun der Saline neues Leben eingehaucht werden. Wie das gelingen kann, darum ging es am Dienstagabend im Festsaal der Halloren beim IBA-Werkstattgespräch. “Die Saline wird derzeit von den Hallensern nicht als attraktiver Ort wahrgenommen”, so Jochem Lunebach, Leiter des Stadtplanungsamtes am Beginn der Diskussionsrunde.

Geschraubt und gehämmert wird schon an einigen Ecken der Insel. Das leerstehende Karstadtkaufhaus hat mit dem Möbelhaus Lührmann einen neuen Betreiber gefunden. Vor drei Monaten öffnete, begleitet von tausenden Hallensern, der von der Jugendwerkstatt Frohe Zukunft betriebene Stadthafen. Die Reha-Klinik hat einen kleinen Park errichtet.

Und es stehen auch weitere Projekte an. So soll von der Franz-Schubert-Straße aus im nächsten Jahr eine neue Brücke zur Saline gebaut werden. 2,1 Millionen Euro soll die Hängeseilbrücke kosten. Fertigstellungstermin: 2012, also zwei Jahre nach der IBA. Sofern sich die Stadt mit dem Fördermittelgeber einigt. Immerhin steht noch immer die Forderung des Landes nach einem Aufzug im Raum. Bereits im nächsten Jahr soll die 400.000 Euro teure Brücke über den Kotgraben fertig sein. Eine Vision ist eine weitere Brücke als Fortsetzung vom Stadthafen zur Peißnitz. Doch das ist erstmal reine Zukunftsmusik und laut Lunebach derzeit “wirtschaftlich nicht darstellbar.” Seit einigen Tagen wird auch am neuen Bad-Eingang gebaut, der zum Start in die Freibadsaison 2012 die Badegäste begrüßen soll. Ebenfalls 2012 soll die Hafenbahntrasse als Rad- und Fußweg komplett vom Thüringer Bahnhof bis zum Stadthafen durchgehen. “Die Fördermittel sind da”, sagte Jochem Lunebach.

Ein neues Wohngebiet am Speicher
Das größte Projekt aber will die Firma F.K. Horn stemmen. Ein- und Mehrfamilienhäuser sollen entstehen sowie ein Seniorenwohnzentrum. Außerdem wird der Speicher saniert. Nach und nach will Horn die Projekte realisieren, Geschäftsführer Guido Edinger sprach von einem Realisierungszeitraum von fünf bis acht Jahren. Das Gelände werde derzeit schon beräumt, nun warte man noch auf baurechtliche Bescheide der Stadt. Der brachliegende Sophienhafen soll zum Mittelpunkt des neuen Areals werden, Liegeplätze für bis zu 65 Boote bieten. Einige Liegeplätze erhalten dabei einen separaten eigenen Privatzugang. Während der Hochspeicher exklusiven Wohnraum, vielleicht sogar Lofts, bieten soll, wird der kleine Fachwerkspeicher direkt am Sophienhafen für Gastronomie und den Verkauf von Bootsbedarf ausgebaut. Auch eine kleine Unterkunft für Wassertouristen soll es geben. Doch warum engagiert sich Horn auf der Saline? Schwerpunkt des Unternehmens mit Standorten in Kaiserslautern und Schkopau seien Altbausanierung, Servicewohnen, Privaterschließung und modulare Bauweise. Und all diese vier Schwerpunkte könne man auf der Saline kompakt umsetzen, lobte Edinger. Beginnen will er mit der Speichersanierung, nach und nach kommt der Rest. Für das Pflegeheim ist die Firma Horn noch auf der Suche nach einem Betreiber.

Doch im Rahmen der Diskussion wurden auch Stimmen laut, ob man durch die geplanten Neubauten – insgesamt entstehen bis zu 120 Wohnungen – nicht den Leerstand verschlimmere. Darauf wies Roland Gebert hin, der zuvor lobte, dass das “Kleinod Saline” wieder mehr in den Blickpunkt der Stadt rückt. Stadtplaner Jochem Lunebach sprach von einem “quantitativen Leerstand”. Zwar seien 12.000 Wohnungen in Halle abgerissen worden, doch zu 97 Prozent seien dies Plattenbauten gewesen. “Wir glauben es gibt einen Bedarf für höherwertigen Wohnraum”, so Lunebach. So entstünden hier erstmals in Halle Wohnungen mit Lofts und am Hafen. “Wir glauben, dafür gibt es einen Bedarf.” Es gebe zudem eine Rückbesinnung auf die Qualitäten der Stadt. Mit dem Umland habe es erstmals einen Wanderungsgewinn gegeben – also mehr Leute aus dem Umland zogen nach Halle als aus Halle ins Umland. “Erschrocken” über die vorgesehene dichte Bebauung zeigte sich die Arbeitskreis Innenstadt. Man sehe es auch so, dass der Bedarf für Loftwohnungen da sei. Aber dass der Bedarf für so viele Neubauwohnungen da sei, das sehe man eher weniger. “Befremdet” sei man zudem über den Abriss der alten Lagerhallen. Was dem einen zu eng ist, findet der andere ganz schick. Der Architekt Matthias Prinich sprach von einer “überzeugenden Lösung”. Wenn man aufs Paulusviertel schaue sehe man, dass eine dichte Bebauung nicht zu weniger Lebensqualität führe. Und im Gegensatz zum Paulusviertel stünden hier auch keine störenden Autos im Weg herum, weil diese in der Tiefgarage geparkt würden. Einer der über die Lage des Immobilienmarktes in der Stadt Bescheid wissen müsste ist Ronald Wenderoth von A1 Immobilien. Das Unternehmen hat die Vermarktung der Saline-Wohnflächen übernommen. Es gebe eine große Nachfrage nach qualitativem Wohnraum, für Kröllwitz, Giebichenstein und Heide-Süd gebe es zum Teil sogar schon Wartelisten. Die Saline biete gegenüber diesen Stadtteilen als Vorteile die Nähe zur Innenstadt und den Hafen. “ Wir haben eine große Anzahl potentieller Käufer”, so Wenderoth.

Halloren- und Salinemuseum
Zweifellos mit der Saline verbunden sind die Halloren. 1721 hatte der Preußische Staat als Konkurrenz zu den Pfännern am Hallmarkt die Königlich-Preußische Saline auf der Insel errichtet. Bis 1964 wurde schließlich noch Salz industriell produziert und ab 1969 dann wieder in einer Museumsschauproduktion. “In den besten Museumszeiten waren es 300 Tonnen im Jahr”, hob Hallore Steffen Kohlert hervor. Davon ist man weit entfernt. Den Tiefpunkt bildete das letzte Jahr, als gerade einmal 30 Tonnen Salz gesiedet worden. Ab August sind aber die Halloren für das einzige Salz produzierende Museum Deutschlands verantwortlich. Klar, die Eintrittspreise werden gleich angehoben. Doch Auch die Salzproduktion soll wieder angehoben werden, auf bis zu 10 Tonnen im Monat. Zukünftig sollen mehr Schulklassen auf die Saline geführt und mit der Geschichte der Stadt in Berührung gebracht werden, auch soll es in den Hallen mehr Veranstaltungen geben. Man warte zudem auf den von der Stadt versprochenen Bootsanleger am MMZ. Darüber sollen dann Touristen auf dem Wasserwege gleich bis zum Museum kommen. Immerhin, die Stadt hat bereits einen Fördermittelantrag gestellt, wie Bürgermeister Thomas Pohlack auf Nachfrage von HalleForum.de sagte. Der Bootsanleger soll an der Stelle errichtet werden, an der die Spundwand in die Saale gekippt ist.

Stadthafen
“Überlaufen” ist der kleine Stadthafen am Ende der Hafenstraße noch nicht. Gern genutzt werden schon die hier liegenden Arona-Floße. Doch Wassertouristen sind eher die Ausnahme. Doch das die Hallenser Interesse an der Saline und dem Stadthafen haben, habe sich zur Eröffnung gezeigt, hob Katja Raab von der Jugendwerkstatt Frohe Zukunft hervor. Wer mit seinem Paddelboot ankomme, könne es hier einschließen lassen, Touristen können sich Fahrräder ausleihen. Die Infrastruktur ist also da, nur fehlt noch das entsprechende Marketing. Denn der Stadthafen liegt ungünstig, nämlich in einer “Sackgasse” für die Schifffahrt. Nach dem Hafen geht es in Richtung Süden nicht weiter. Und wer aus dem Norden kommt, der muss schon wissen, dass er vor der Schleuse abbiegen muss. Und so wünscht sich Katja Raab vom Stadtmarketing mehr Öffentlichkeitsarbeit.

Sonstige Entwicklung
Eine Holperpiste ist derzeit die Hafenstraße, auch sind die Häuser am Eingang zur Straße nicht unbedingt ansehnlich. Auch hier müsste die Stadt etwas machen, meinte ein Herr. Ein grundhafter Ausbau der Straße sei erstmal nicht vorgesehen, so Lunebach. Allerdings werden zumindest im hinteren Teil – dort wo die Neubauten entstehen – Bäume das Straßenbild auflockern. Und wenn dort erstmal Leben sei, dann werde sich wohl auch im Rest der Straße etwas tun. Die von Ingo Kautz ins Gespräche gebrachte Abfahrt von der Hochstraße wird es hingegen nicht geben. Diese würde laut Lunebach einen höheren einstelligen Millionenbetrag kosten und brächte nur eine Anbindung von beziehungsweise nach Westen. Noch eine Zukunftsvision ist die Überdachung des Gasometer. Doch immerhin scheinen die Verhandlungen für das Umfeld weit voran geschritten zu sein. Laut Bürgermeister Pohlack sollen sechs Beachvolleyballplätze entstehen.