Wissenschaftsrat untersucht Uniklinik Halle

von 10. Juli 2009

Der Wissenschaftsrat hat nach seiner zweitägigen Sitzung Kritik an der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg und dem Universitätsklinikum Halle (Saale) geübt. Das Gremium sieht hier noch großen Verbesserungsbedarf in den Bereichen Forschung und Lehre. So sei es der Universitätsmedizin in Halle bislang noch nicht gelungen, ein klares wissenschaftliches Profil zu erarbeiten und dieses national sichtbar zu machen. Auch die Situation in der Lehre müsse verbessert werden.

Der Wissenschaftsrat empfiehlt dem Land Sachsen-Anhalt für eine zeitlich begrenzte Dauer die Einsetzung einer externen Expertenkommission, um den universitätsmedizinischen Standort Halle bei seiner weiteren Entwicklung zu begleiten. Darüber hinaus wird dem Land empfohlen, nach dem Restrukturierungsprozess in vier Jahren eine erneute Begutachtung der Universitätsmedizin am Standort Halle durchzuführen.

Der Wissenschaftsrat hatte das 2006 in Kraft getretene neue Hochschulmedizingesetz des Landes Sachsen-Anhalt untersucht und die beiden universitätsmedizinischen Standorte des Landes in Magdeburg und Halle besucht. Grundsätzlich habe das Gesetz die erhofften positiven Wirkungen entfaltet."Die Medizinischen Fakultäten haben durch das Gesetz und die damit verbundene Reform ihrer Leitungsstrukturen deutlich an Entscheidungsstärke gewonnen", betont der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Peter Strohschneider. Das vom Land gewählte Kooperationsmodell werde aufgrund verschränkter Leitungsstrukturen den speziellen Anforderungen der Universitätsmedizin in ausreichendem Maß gerecht. Es biete den Medizinischen Fakultäten Instrumente zur Stärkung von Forschung und Lehre und den Hochschulklinika genügenden Freiraum für die weitere Entwicklung der Krankenversorgung in einem stark wettbewerblich geprägten Umfeld.

Bewährt hätten sich auch die Einrichtung der Gemeinsamen Kommission, welche die Strukturbildung beider Medizinstandorte koordiniert, sowie die Zielvereinbarungen, die das Land mit den Medizinfakultäten abgeschlossen hat. Kritisch bewertet wird dagegen die Vorgabe des Landes, den Stellenrahmen auf 60 Professuren pro Standort zu beschränken, die für eine positive Weiterentwicklung der Fakultäten hinderlich ist.

Die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Halle (Saale) begrüßen in einer Mitteilung die Stellungnahme des Wissenschaftsrates. Grundsätzlich bestätige der Wissenschaftsrat die Ansicht der Fakultät, dass sich die Obergrenze von 60 Professuren in der Humanmedizin als hinderlich für eine positive Weiterentwicklung von Lehre und Forschung erweist. Darüber hinaus empfiehlt der Wissenschaftsrat eine noch stärkere Konzentration auf die Professuren und Fächer, die in der Ärztlichen Approbationsordnung für die studentische Ausbildung verankert und für die weitere wissenschaftliche Profilierung und Etablierung von Forschungsschwerpunkten unabdingbar sind.

Hinsichtlich der bisherigen Forschungsschwerpunkte der Fakultät bestätige der Wissenschaftsrat die strategische Neuausrichtung und die damit verbundene Reduzierung der Anzahl der Forschungsschwerpunkte. Der Wissenschaftsrat beurteilt den Fakultätsschwerpunkt „Klinisch-epidemiologische Pflege- und Rehabilitationsforschung“ als erhaltens- und ausbauwürdig, da er in der universitätsmedizinischen Landschaft ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Ebenso befürwortet der Wissenschaftsrat die von der Fakultät getroffene Entscheidung zur Einrichtung eines zell- und molekularbiologischen Schwerpunktes. Die hierzu notwendigen Berufungsverfahren und Strukturbildungen wurden von der Fakultäts- und Universitätsleitung bereits initiiert. Für diesen Transformationsprozess begrüßt die Medizinische Fakultät die Empfehlung einer externen Begleitung.

Der Wissenschaftsrat betone die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen zu schaffen, um die Zahl der zusätzlichen sich einklagenden Studierenden drastisch zu reduzieren, da die Fakultät gegenwärtig ca. ein Drittel mehr Studierende aufnehmen muss, als durch das Land finanziert wird. Die derzeitige Beeinträchtigung der Lehre infolge dieser Überlast wird auch vom Wissenschaftsrat betont. Durch zusätzliche Anstrengungen ist es der Fakultät bereits gelungen, im bundesweiten Vergleich der letzten Staatsexamensprüfungsergebnisse den sechsten Platz von 36 Medizinischen Fakultäten einzunehmen.

Der Wissenschaftsrat anerkenne die gute Qualität und Wirtschaftlichkeit der Krankenversorgung und unterstreicht, dass das Behandlungsspektrum dem Niveau der universitären Hochleistungsmedizin entspricht.

Die Medizinische Fakultät und das Universitätsklinikum Halle (Saale) sehen in der Stellungnahme des Wissenschaftsrates nach eigenen Angaben eine Anerkennung der bereits identifizierten und artikulierten Probleme und eine Bestätigung des in den vergangenen zwei Jahren eingeschlagenen Weges zur Weiterentwicklung der halleschen Universitätsmedizin.