Wohnungsmarkt in Halle unter Druck – ist die Gentrifizierungswelle jetzt auch hier angekommen?

von 13. Juli 2015

Mit der Aufwertung geht jedoch auch ein wachsender Druck auf den Wohnungsmarkt einher. Dabei sah die Situation kurz nach der Jahrtausendwende noch ganz anders aus. Als das Land Sachsen-Anhalt im Jahr 2002 seine Pläne für den „Stadtumbau Ost“ umsetzte, wurden im Zuge dieser Kampagne mehrere Zehntausend dauerhaft leerstehende Wohnungen allein in Halle platt gemacht. Oder wie es das Land formuliert zurückgebaut. Betroffen waren größtenteils unsanierte Plattenbauten und Wohnblock im Stadtrandgebiet. Ziel der Aktion war es, den Wohnungsleerstand zu verringern und die wirtschaftliche Stabilität der Wohnungsunternehmen zu verbessern. Das allerdings hat jetzt Folgen.

Verdrängung Sozialschwacher an den Stadtrand

Für sozialschwache wird es inzwischen nämlich immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu finden, geschweige denn in Innenstadtlage. Man spricht zum Teil schon von Gentrifizierung, grob gesagt der Aufteilung der Stadtteile nach Einkommen, wobei Halle davon im vergleich zu Städten wie München, Hamburg und Berlin noch ein ganzes Stück entfernt ist. Dazu fehlt noch ein entscheidender Schritt, nämlich die Umwandung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen. Da liegt Halle aktuell allerdings derzeit lediglich bei 20 Prozent – weit unter dem Durchschnitt vergleichbarer Städte. Jedoch lässt sich der beginnende Prozess in der Innenstadt, im Mühlenwegviertel und im Paulusviertel, bereits beobachten. Altbauten werden luxussaniert und ganze Nobelviertel aus dem Boden gestampft. Die Altbauten im Stadtzentrum sind stark begehrt, aber selbst Plattenbauten werden saniert. Wer in den Hochhäusern in der Innenstadt eine Wohnung mieten will, muss mit Preisen von 7 bis 8 Euro pro Quadratmeter rechnen. Hartz-IV-Empfänger und Geringverdiener können sich solche Mieten nicht leisten und müssen immer weiter Richtung Stadtrand ziehen. Aber auch da wird es knapp, denn auch hier ist bezahlbarer Wohnraum nicht so ohne weiteres zu finden – es sei denn, man ist bereit, in unsanierte Häuser oder in Brennpunktviertel zu ziehen, um es mal überspitzt zu formulieren.

Wohnungssuche über alle Kanäle

Ganz aussichtslos ist die Lage aber nicht, es kostet inzwischen jedoch mehr Arbeit und Geduld, die passende Wohnung zu einem fairen Preis in angemessener Wohnlage zu finden. Auf Zeitungsinserate und das Angebot der Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften allein kann man sich in der heutigen Zeit nicht mehr verlassen. Wohnungssuchende müssen alle Register ziehen und sowohl bei Bekannten und Freunden nach Tipps fragen, als auch Immobilienportale im Internet durchforsten. Immowelt hat mehrere hundert attraktive Wohnungsangebote zur Miete online, davon einige höherpreisig, andere wiederum bezahlbar. Man muss sich zukünftig in Halle darauf einstellen, dass die Wohnungssuche zu einer echten, anstrengenden Suche wird, so wie es in anderen Großstädten schon längst der Fall ist. Halle ist eine der grünsten Städte Deutschlands und als Universitäts- und Hochschulstandort von Bedeutung. Dieses Potenzial und die Dynamik, die das mit sich bringt, bedeutet aber auch, dass sie Stadt weiter aufgewertet wird. Das ist ein Prozess, von dem potenziell alle Bewohner profitieren können, vorausgesetzt die Stadt sorgt durch Reglementierung und/oder Förderung dafür, dass sich im ganzen Stadtgebiet eine gesund gemischte Bevölkerungsstruktur etabliert.