Zwei Jahre Großbaustelle am Gimritzer Damm

von 19. Januar 2016

Der strittige neue Deich – nach wie vor Chefsache von Oberbürgermeister Bernd Wiegand – war kein Thema für die Planer, wohl aber für Bewohner des Gutes Gimritz, die den begonnenen Deichbau auf dem Rechtswege stoppen ließen, nachdem die von ihnen bereits im Sommer 2013 angekündigten Einwände ignoriert worden waren.

Vorgestellt wurden nun die Pläne zu Erneuerung und Ausbau der Straßenbahntrasse samt Haltestellen, Straßen, Rad- und Gehwegen sowie Versorgungsleitungen am Gimritzer Damm. Am 30. Oktober 2013 hatte Halles Stadtrat dazu den Gestaltungsbeschluss gefasst. Seit 24. Juno 2015 liegen die Baubeschlüsse vor. Der erste Bauabschnitt zwischen Rennbahnkreuz und der Kreuzung „Zur Saaleaue“ ist gerade in Vorbereitung und soll bis auf die Straßenbahntrasse noch im laufenden Jahr 2016 fertiggestellt werden. Die Halle-Saale-Schleife und der Radweg auf dem alten Deich bleiben zunächst unberührt, weil dazu die weiteren Entscheidungen zum Deichbau abgewartet werden müssen. Das Landesamt für Hochwasserschutz (LHW) hat gerade in einem zweiten Anlauf damit begonnen, den möglichen Verlauf der neuen Hochwasserschutzanlage zu untersuchen.

Nach den markanten Saale-Hochwässern im Januar 2011 und im Juni 2013 haben den Aussagen der Planer zufolge Teile der Infrastruktur signifikante Schäden bekommen. Daher werde der Neubau nun auch mit Flutmitteln gefördert. Verbaut werden Gelder des Stadtbahnprogramms und Fluthilfemittel. Von 27,2 Millionen Euro war am Montag die Rede. 1900 Meter lang ist der gesamte Abschnitt zwischen Rennbahnkreuz und Weinbergweg, der bis 2018 ein anderes Gesicht bekommt. 316 Bäume sind zur Fällung vorgesehen, 273 „Hochstämme“ sollen dafür ersatzweise gepflanzt werden. Bis Ende Februar 2016 wird auf der Westseite des ersten Bauabschnitts eine drei Meter breite Schneise durch das Grün geschlagen, damit dort die Hallesche Wasser- und Abwasser GmbH (HWS) Wasser- und Abwasserleitungen legen kann. Östlich der Trasse will die Stadt Halle (Saale) zudem die Brunnengalerie erneuern, die seit den 1960er Jahren das Grundwasser absenkt, damit die Blöcke der östlichen Neustadt trockene „Füße“ behalten.

Der Abschnitt nördlich der Kreuzung „Zur Saaleaue“ soll ab dem Jahr 2017 in Angriff genommen werden. 2017 soll auch die komplette vom Bauvorhaben betroffene Straßenbahn-Strecke zwischen Rennbahnkreuz und Weinbergweg erneuert werden. Wie die Bürger am Montagabend erfuhren, wollen die Planer so die Sperrzeit dieses Straßenbahnabschnitts möglichst kurz halten. Drei Monate sind dafür angesetzt. Für alle Haltestellen sind Fahrgastunterstände und behindertengerechte Bahnsteige vorgesehen. Unmittelbar im Haltestellenbereich der Straßenbahn-Haltestelle Gimritzer Damm sollen künftig die Buslinien 34 und 36 halten. Dazu soll die Haltestelle so gestaltet werden, dass Bahn und Bus hintereinander halten können. Neu sein wird die „Bedarfshaltestelle Blücherstraße“, wo die Straßenbahn nur an Eishockey-Spieltagen halten wird.

Der Knotenpunkt Weinbergweg wird, wie es schon seit etlichen Jahren diskutiert wurde, ein Kreisverkehr. Die Planer betrachteten verschiedene Varianten. Am Ende setzte sich die klassische Kreisform durch. Die derzeitige Haltestelle wird für den Kreisverkehr verschoben. Die benachbarte Heideallee soll als Naturdenkmal erhalten bleiben, erklärten die Planer. Es habe im Vorfeld intensive Untersuchungen zum Vorkommen geschützter Tierarten gegeben. In einigen alten Bäumen sei man fündig geworden. Im Ergebnis sollen die Überwinterungs- und Aufenthaltsmöglichheiten der Fledermäuse und Vögel erhalten bleiben. Daher soll es eine „ökologische Bauüberwachung“ geben, um Tierverluste zu vermeiden. Einige Bäume der Heideallee sind gleichwohl zur Fällung vorgesehen.

In der Bürgerfrage-Runde ging es unter anderem um folgende Fragen: Werden beide Bahngleise gleichzeitig gebaut? Was soll mit der Fernwärme-Leitung unter dem alten Deich passieren? Muss man mit Problemen rechnen, wenn der Neubau des Deiches und der Infrastruktur am Gimritzer Damm unabhängig voneinander erfolgen? Auf den Fragen antworteten die Fachleute wie folgt: Die Gleise werden gleichzeitig gebaut, um schneller bauen zu können. Halles Planungsdezernent Uwe Stäglin bat um Verständnis für die länger anhaltenden Umstände für Nutzer der Straßenbahn. „Wir werden zwei-drei anstrengende Jahre haben.“ Das ergebe sich aus den verstärkten Aktivitäten im Stadtbahnprogramm und bei der Beseitigung von Flutschäden. Doch es lohne sich. Auf Wunsch von OB Wiegand werde es einen weiteren Verkehrskoordinator geben. Unter dem Deich liege keine Fernwärme, sondern eine Gasleitung. Was mit der Leitung geschieht, werde erst beim Deichbau betrachtet. Was jetzt gebaut werde, habe also Bestand. Der Deichbau berühre die jetzige Baustelle nicht. Unabhängig davon bestehe dringender Handlungsbedarf, da die Infrastruktur nach gutachterlicher Prüfung deutliche Schäden durch das Hochwasser bekommen hat, weswegen man für die Erneuerung nun auch Fluthilfe-Gelder erhalte. Bei den Baumaßnahmen werde das neue HQ 100 berücksichtigt, also der nach dem 8-Meter-Hochwasser vom Juni 2013 neu festgelegte Maximalwert für ein Hochwasser in den nächsten 100 Jahren.