IMWS Halle entwickelt Technologien zur Modifizierung von Oberflächen

IMWS Halle entwickelt Technologien zur Modifizierung von Oberflächen
von 27. September 2018

Experten für Oberflächenmodifizierung

Wegen der anhaltenden Trockenheit war in diesem Sommer mancherorts ein sparsamer Umgang mit Wasser angeraten. Was in Deutschland nur sehr selten und lokal begrenzt vorkommt, ist in anderen Ländern ohne Süßwasserquellen ein permanentes Problem. „Wenn es um einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit begrenzten Ressourcen geht, dann gehört das Trinkwasser als ein weltweit kostbares Gut dazu“, sagt Projektleiterin Ulrike Hirsch vom Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle. Ihr Team erhielt 2017 den Hugo-Junkers-Preis des Landes Sachsen-Anhalt für die Erforschung effizienterer Methoden zur Trinkwassergewinnung. Es entwickelte beschichtete Komponenten für Membranmodule, mit deren Hilfe Meer- oder Brackwasser nach dem Prinzip der Umkehrosmose in Trinkwasser umgewandelt wird.

Industrieller Kooperationspartner ist die IAB Ionenaustauscher GmbH aus dem sachsen-anhaltischen Bitterfeld. Das 100prozentige Tochterunternehmen der LANXESS AG stellt unter anderem Membranfiltrationselemente für die Wasseraufbereitung her. Nicht zum ersten Mal arbeiten die Teams aus Halle und Bitterfeld zusammen. „Wenn es um angewandte Forschung im Bereich der Materialeffizienz geht, ist das Fraunhofer-Institut ein kompetenter Impulsgeber und Problemlöser für die Industrie“, betont Carsten Schellenberg. Er ist Geschäftsführer der IAB Ionenaustauscher GmbH und für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten am Standort Bitterfeld zuständig. Unternehmen vor allem aus der Medizintechnik, der Pharmazie, der Biotechnologie und der Kunststoffverarbeitung suchen auf dem Gebiet der Oberflächenmodifizierung die Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IMWS. Dessen Kernkompetenzen liegen unter anderem in der Materialentwicklung. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung zukunftsfähiger Materialien, die nachhaltig und umweltfreundlich sind und die einem verantwortungsvollen effizienten Umgang mit begrenzten Rohstoffen dienen.

Membranspacer – mit Fingerspitzengefühl zu mehr Effizienz

Derzeit forschen Experten des IAB und des Fraunhofer IMWS gemeinsam im Projekt „Innovative Membranspacer“ an der Optimierung von Modulen zur Aufbereitung von Brack- oder Salzwasser. „Membranspacer sind die Abstandhalter zwischen den Membranen, die die Fließwege für das hindurchströmende Wasser bilden“, erklärt Magdalena Jab?o?ska, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Fraunhofer IMWS. Allerdings seien diese Abstandhalter auch sehr anfällig für die Ablagerung von Schwebstoffen, Salzkristallen und Mikroorganismen. Das sogenannte Biofouling führe zu Verstopfungen und Leistungsminderung bis hin zum Ausfall von Membranmodulen. Die Forschungspartner entwickeln nun hydrogelartige Beschichtungen für die Oberflächen der Abstandhalter. Wie eine Barriere sollen sie das Anhaften von Schwebstoffen und Mikroorganismen verhindern.

„Wenn der Biofouling-Prozess verlangsamt oder gestoppt wird, gibt es weniger Materialschäden, einen geringeren Verschleiß der Module und weniger Wartungsbedarf. Das spart Energie und Kosten“, sagt Magdalena Jab?o?ska. Die im Rahmen des gemeinsamen Projektes gewonnenen Erkenntnisse sollen am Bitterfelder Standort von LANXESS in industrielle Prozesse überführt werden.

Biofouling ist nicht nur ein Problem der Wasserfiltrationsmodule. Auch Fundamente von Offshore-Windturbinen oder Bohrinseln, vor allem aber Schiffsrümpfe sind dem Biofilmbewuchs ausgesetzt. Die dicke Kruste aus Mikroorganismen, Algen, Muscheln und Seepocken greift die Betonfundamente an und erhöht signifikant den Treibstoffverbrauch der Schiffe.

Oberflächenoptimierung gegen Biofouling

Am Fraunhofer IMWS in Halle steht eine Anlage, in der spezielle Oberflächenlacke, die dieses Biofouling verhindern sollen, optimiert werden. Partner in diesem Projekt sind das Institut für Kunststofftechnologie und -recycling IKTR, die Gesellschaft zur Förderung von Medizin-, Bio- und Umwelttechnologien e. V. GMBU Halle, die bioplan GmbH, die NTC NanoTechCoatings GmbH und die Schiffswerft Barth.

„Bisherige Antifouling-Lacke“, sagt Projektleiter Uwe Spohn, „beinhalten oft giftige Stoffe, die sich im Wasser lösen und schädlich sind für die Meeresbewohner. In unserer Anlage optimieren wir eine neue Generation von Lacken, die ganz ohne giftige Zusatzstoffe funktioniert.“ Die Genialität der Oberflächenbeschichtungen bestehe in ihrer elektrischen Leitfähigkeit. Der Projektleiter erklärt: „Das Lacksystem besteht aus mehreren Schichten, durch die ein Gleichstrom von wenigen Milliampere pro Quadratzentimeter fließt. Einmal fungiert die äußere Schicht als Anode, an der Sauerstoff entsteht. In der sauren Umgebung sinkt der pH-Wert. Nach Umpolung des Stromfluss wird die äußere Lackschicht zur Kathode, an der Wasserstoff und somit ein basisches Milieu entsteht. Der pH-Wert steigt. Regelmäßige Wechsel in bestimmten zeitlichen Abständen erzeugt für die Mikroorganismen einen pH-Stress, der ihnen das Ansiedeln erschwert.“ Oder anders ausgedrückt: Der Schiffsstahl bleibt frei von Bewuchs, eine Gewichtszunahme des Schiffes auf hoher See wird verhindert. So lassen sich neben dem erhöhten Treibstoffverbrauch und zusätzlichen Schadstoffemissionen auch längere Fahrtzeiten, erschwerte Manövrierbarkeit, häufigere Schiffswartungen und nicht zuletzt steigende Kosten vermeiden.

In einem Langzeitversuch in der Ostsee hat sich die Stabilität des elektrisch leitenden Antifouling-Lackiersystems bereits bewährt. Auch ein erster Schiffsversuch war bereits erfolgreich. Jetzt optimieren die Projektpartner die Technologie so weit, dass in den Werften komplette Schiffe mit dem Lack beschichtet werden können.

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©Fraunhofer IMWS: Metallplatten mit den vom Fraunhofer IMWS entwickelten Lackrezepturen
im Yachthafen Kühlungsborn zeigen auch nach 7-monatiger Testphase in der Ostsee keinen Bewuchs

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