Neues Jahr- neue Chance

von 1. Februar 2019

Frau Dr. Scherer, wie hat sich die Zahl der Langzeitarbeitslosen entwickelt?

Die gute Nachricht ist, dass die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen seit 2007 um mehr als die Hälfte zurückgegangen ist. Aktuell haben wir im Landkreis 3.403 Personen, die ein Jahr und länger ohne Job sind. Das ist jedoch fast jeder zweite Arbeitslose. Und hinter jeder Zahl steht ein Mensch oft mit mehreren Problemen. Trotz verbesserter Arbeitsmarktlage gestaltet sich der Einstieg in eine Beschäftigung schwierig.

Frau Müller, was ist anders beim Teilhabechancengesetz?

Durch die neuen Regelinstrumente im Sozialgesetzbuch II- Teilhabe am Arbeitsmarkt und Eingliederung von Langzeitarbeitslosen- sind geförderte Beschäftigungsverhältnisse in Betrieben und bei kommunalen Arbeitgebern möglich. Erstmals müssen die regulär geförderten Arbeitsplätze nicht ausschließlich wettbewerbsneutral, zusätzlich und gemeinnützig sein. Bisher hatten wir Förderprojekte, die zeitlich und durch eine bestimmte Anzahl an Plätzen begrenzt waren. Wenn ein Arbeitsloser eine Beschäftigung aufnimmt, kann er/sie durch einen Coach begleitet werden.

Frau Müller, wie bereiten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Umsetzung des Teilhabechancengesetzes vor?

Wir haben bereits im vorigen Jahr mit den Vorbereitungen angefangen. Ziel war und ist es, die richtigen Menschen in passende Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Es sind Arbeitgeberbetreuer unterwegs, die bei den Unternehmen für Arbeitsplätze werben. Auf der anderen Seite müssen die passenden Bewerber gefunden und vorbereitet werden. Wer lange Zeit ohne Job war, muss die Bewältigung eines 8-Stundentages erst wieder trainieren. Vor allem für die sehr arbeitsmarktfernen Menschen ist das eine Herausforderung.

Frau Dr. Scherer, welchen Mehrwert bringt das Teilhabechancengesetz für den Landkreis?

Zunächst freue ich mich, dass es inzwischen 70 Arbeitgeber im Landkreis gibt, die Bedarf signalisiert haben, teilweise auch mehrere Langzeitarbeitslose einzustellen. Erstmals können Menschen dadurch eine reguläre Arbeit auch zum Tariflohn aufnehmen. Das ist eine echte Perspektive, spart Grundsicherungsleistung und erhöht die Kaufkraft. Der Mehrwert für die Unternehmen liegt in der Arbeitskraft, die sie bekommen. Auch wenn es Zeit und Kraft kostet, bis diese zu einer echten Fachkraft wird. Die Arbeitgeberbetreuer/innen beraten gern zu diesem Thema.

Hintergrundfakten zum Teilhabechancengesetz §16i SGB II

Wer wird gefördert?

  • erwerbsfähige Leistungsberechtigte ab 25 Jahre, die seit sechs oder mehr Jahren Grundsicherungsleistungen beziehen und in diesem Zeitraum nicht oder nur sehr kurz erwerbstätig waren

  • alleinerziehende oder schwerbehinderte erwerbsfähige Leistungsberechtigte ab 25 Jahren, die seit 5 oder mehr Jahren Grundsicherungsleistungen beziehen und in diesem Zeitraum nicht oder nur sehr kurz erwerbstätig waren

Was wird gefördert?

  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, bei kommunalen Unternehmen und bei Trägern, auch in Teilzeit

  • Lohnkostenzuschüsse für bis zu fünf Jahre: In den ersten beiden Jahren des Arbeitsverhältnisses beträgt der Zuschuss 100 Prozent, im dritten Jahr des Arbeitsverhältnisses 90 Prozent, im vierten Jahr des Arbeitsverhältnisses 80 Prozent, im fünften Jahr des Arbeitsverhältnisses 70 Prozent §16e SGB II

Wer wird gefördert?

  • Personen, die mindestens zwei Jahre arbeitslos gemeldet sind

Was wird gefördert?

  • Sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze vor allem auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, bei kommunalen Unternehmen und bei Trägern, auch in Teilzeit

  • Lohnkostenzuschüsse für die Dauer von zwei Jahren. Der Zuschuss beträgt im ersten Jahr des Arbeitsverhältnisses 75 Prozent und im zweiten Jahr 50 Prozent des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts