Der Weg zur Berufsschule ist jetzt viel weiter als früher

von 16. November 2021

Der Anteil jener Befragten, die länger als eine Stunde zum Unterricht unterwegs sind, hat sich demnach in den vergangenen beiden Jahren mehr als verdoppelt: Meldeten 2019 noch 16 Prozent der Azubis so lange Fahrtzeiten, sind es in diesem Jahr schon 40 Prozent. Zugleich sank der Anteil der Routen unter einer halben Stunde von damals 55,4 Prozent auf jetzt 23,5 Prozent.

Zum Vergleich:

Zu ihrem Ausbildungsbetrieb sind in diesem Jahr gerade einmal 21,6 Prozent der Azubis im jetzt zweiten Lehrjahr länger als eine Stunde unterwegs. „Die Vorgabe des Landesbildungsministeriums, den Unterricht für bestimmte Berufsgruppen in reinen Fachklassen zu ‚zentralisieren‘, ist eine Ursache dieser Entwicklung“, stellt Dr. Simone Danek fest, IHK-Geschäftsführerin für Aus- und Weiterbildung. „Außerdem können nicht alle Auszubildenden die jeweils nächstgelegene berufsbildende Schule besuchen, die ihren spezifischen Fachunterricht anbietet.“ Denn die Beschulung sei an die Landkreise oder kreisfreien Städte gebunden, in denen der jeweilige Ausbildungsbetrieb liegt. So könnten etwa Azubis aus dem Raum Zerbst nicht die Berufsschule in Dessau-Roßlau besuchen, sondern müssten weiter Richtung Bitterfeld-Wolfen fahren, berichtet die IHK-Geschäftsführerin. Ihr Fazit: „Längere Fahrtwege machen die duale Berufsausbildung für junge Menschen unattraktiv!“

Forderungen an die Regierungskoalition

Danek erhebt drei Forderungen in Richtung Magdeburg:

  1. „Das Schulgesetz sollte dringend geändert werden, um die Zuordnung der Berufsschulen flexibilisieren zu können.“

  2. „Flankierend ist es wichtig, neue Unterstützungsinstrumente – wie etwa Online-Unterrichtsmethoden – anzubieten. Deshalb muss das Landesbildungsministerium jetzt die Digitalisierung des Berufsschulunterrichts spürbar vorantreiben. Die IHK ist zur Mitarbeit bereit.“

  3. „Schließlich darf vor diesem Hintergrund das Azubiticket auf keinen Fall dem Rotstift zum Opfer fallen!“

Sachsen-Anhalt soll ein attraktiver Ausbildungsstandort bleiben!

Denn die Jugendlichen im IHK-Bezirk Halle-Dessau bevorzugen laut Umfrage ganz eindeutig eine Ausbildung hier im Land. Das belegen laut Danek andere Ergebnisse der Umfrage deutlich:

  • 87 Prozent der Azubis zwischen Annaburg und Zeitz haben sich für einen Ausbildungsplatz in Heimatnähe entschieden.

  • Fast genauso viele (85 Prozent) würden ihren heimischen Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen.

  • Knapp drei Viertel haben hier im Land einen Ausbildungsplatz in ihren Wunschberuf gefunden.

„Diese Zahlen zeigen deutlich: Die sachsen-anhaltischen Betriebe machen unser Land zu einem attraktiven Ausbildungsstandort. Es wäre fatal, wenn dies durch zu lange Wege zur Berufsschule zunichte gemacht würde“, betont Danek.

Zur Methodik:

Jedes Jahr befragt die IHK die Auszubildenden am Ende des ersten Lehrjahrs: 2021 haben von rund 2.800 kontaktierten Azubis 437 geantwortet.