Journalist:innen in Ostdeutschland unter Druck – Es ist höchste Zeit zu handeln!
Anlässlich des internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai 2025 schlägt die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di der Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Alarm: Journalist:innen in Mitteldeutschland erfahren eine gefährliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.
Das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECMPF) spricht in seiner aktuellen Studie „Feindbild Journalist:in 9“ von bundesweit 98 physischen Angriffen auf Medienschaffende. Ein alarmierender Höchststand seit Beginn der Erhebung des ECPMF im Jahr 2015. Nach Berlin ist das Bundesland Sachsen mit zehn dokumentierten Fällen das zweitgefährlichste Bundesland für Journalist:innen.
„Wir in Ostdeutschland nehmen war, dass insbesondere bei Demonstrationen in den ländlich geprägten Regionen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ein extrem hohes Gefahrenpotenzial für Journalist:innen besteht“, sagt Lucas Munzke, Gewerkschaftssekretär der dju in Mitteldeutschland. Dies zeigt auch die Studie „Nahaufnahme Deutschland 2025“ von Reporter ohne Grenzen (RSF), welche erst Anfang April vorgestellt wurde.
„Es ist gefühlte Normalität geworden, dass in gewissen Regionen eine Berichterstattung auf Demonstrationen oft nur noch mit entsprechendem Begleitschutz möglich ist. Das hat gravierende Folgen für unsere Pressefreiheit“, führt der Gewerkschaftssekretär aus.
Berichte von Betroffenen zeigen zusätzlich eine Zunahme an Bedrohungen und Einschüchterungsversuchen. All dies führt laut der Landesfachgruppenvorsitzenden Carmen Salas, u.a. zuständig für die dju, dazu, dass sich Journalist:innen genau überlegen, auf welche Demonstration sie fahren und wie groß die möglichen Gefahren sind. „Im Zweifel sehen die Kolleg:innen mittlerweile lieber von einer Berichterstattung ab.“ Weiter führt sie aus: „Gerade junge Journalist:innen mit Migrationsgeschichte überlegen sich genau, ob sie unter diesen Bedingungen diesen Beruf ausüben können. Das darf so nicht bleiben.“
„Wenn nicht mehr aus den kleinen, aber so bedeutenden Orten in Ostdeutschland berichtet wird, entstehen graue Flecken. Diese Flecken bedeuten, dass dort einfach keine Berichterstattung mehr stattfindet bzw. die Berichterstattungsvielfalt dramatisch abnimmt. Dabei sind gerade Medien der demokratische Erfolgsfaktor, für die Meinungsbildung in der Bevölkerung“, ordnet Lucas Munzke die Folgen ein.
Für die Pressefreiheit ist die Berichterstattung von Wahlveranstaltungen politischer Parteien von großer Bedeutung. Es ist besorgniserregend, wenn die AfD Thüringen dies kürzlich zu verhindern versuchte. Betroffen waren im August letzten Jahres Kolleg:innen von WELT, Spiegel, taz und der BILD. Zurecht bewertete das Landgericht Erfurt dieses Vorgehen als unzulässig.
Die dju in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen fordert insbesondere die Landesregierungen und Kommunalparlamente auf, endlich ernsthafte Maßnahmen zum Schutz der Pressefreiheit und Journalist:innen zu treffen. „Es ist höchste Zeit zu handeln. Noch ist es nicht zu spät“, gibt Munzke zu verstehen.
Konkret fordert die dju:
- Rechtliche Konsequenzen durchsetzen: ausnahmslose Verfolgung von Angriffen und Behinderungen von Journalist:innen durch die Justiz
- Rechtliche und psychologische Hilfe: verpflichtende Errichtung regionaler Anlaufstellen für Journalist:innen
- Für Bildung sorgen: In Schule, Bevölkerung und Polizei braucht es Bildungsinitiativen, um die demokratische Rolle der Medien konsequent zu stärken.
Die dju in ver.di ruft die Zivilgesellschaft, Medienhäuser und politische Entscheidungsträger:innen auf, zusammen für den Schutz von Journalist:innen zu sorgen – nicht nur am internationalen Tag der Pressefreiheit, sondern an jedem Tag.