Seit Jahrzehnten wird diskutiert, ob die OrtsnamenHalle, Hallstatt, Reichenhall, Schwäbisch Hallusw. ihren Namen deshalb tragen, weil dort Salz gefördert worden ist. Viele glauben, dass es ein Wort Hall gibt, das Salz bedeutet haben soll.
Dieser Frage istProf. Dr. Jürgen Udolph vomZentrum für Namenforschung, Leipzignachgegangen und in der letzten Woche wurden seine Gedanken zu diesem Problem in einem Buch veröffentlichen.
Zum Inhalt des Buches
1.) Es ist unstrittig, dass die Geschichte der Stadt Halle/Saale mit dem Salz und seiner Verarbeitung verbunden ist.
2.) Aber die Salinen lagen zunächst nicht im heutigen Zentrum der Stadt, sondern am Giebichenstein: So nennen die ottonischen Urkunden Giebichenstein als civitas mit Salzquelle, Zoll, Bann und Münze, z.B. 973Gibikonstein cum salina sua.
Erst später verlagerte sich die Salzproduktion nach Halle.
3.) Als das geschah, hieß Halle aber schon längst Halle. Der Name hat daher nichts mit dem Salz zu tun, er muss einen anderen Ursprung haben.
4.) Diesen findet man, wenn man fast 30 weitere Orte, die Halle heißen – bisher in der Forschung total vernachlässigt! – einbezieht, z.B. Halle in Westfalen, Halle bei Bodenwerder, Halle im Sauerland, Halle im Emsland, Halle bei Antwerpen, Halle bei Brüssel usw.
5.) Diese Orte zeigen durch ihre Lage, dass sie ein Wort enthalten, das Abhang, Böschung, Gefälle, Halde bedeutet. Es ist – wie bei Halle/Saale – die schräge Lage, die das Motiv für die Namengebung abgab.
6.) Und woher kommt Hall im Sinne von Salz? Das gibt es ja zweifellos! Wichtig sind dafür die süddeutschen OrteSchwäbisch HallundReichenhall(der Name bedeutet: da, wo es reich an Salz ist.
7.) Bisher versuchte man, dieses Salzwort aus dem Keltischen, Illyrischen, Griechischen und anderen Sprachen zu erklären. Alles ohne sichtbaren Erfolg.
8.) Mein Vorschlag in dem BuchDie Ortsnamen Hall, Halle, Hallein, Hallstatt und das Salz, Bielefeld 2014geht von einem deutschen Wort aus, das offenbar für eine neue Methode der Salzprouktion aus, wobei offenbar vor allem Schwäbisch Hall eine wichtige Rolle gespielt hat.
9.) In deutschen Mundarten ist ein WortHal, Haalweit verbreitet. Es bezeichnet u.a. eine vom Rauchfang herunter hängende Kette od. Stange mit Haken, an welchem der Kochkessel über dem Feuer hängt. Auch drehbarer Balkenarm, an dem Kessel hängen.
10.) Mit diesem Wort wurde dann wohl ca. ab dem 7./8. Jahrhundert ein sogenannter, wahrscheinlich drehbarer Schöpfgalgen bezeichnet, der dazu diente, die flüssige Sole in verschiedene Ablaufrinnen zu gießen. Dieses Wort für eine Salzverarbeitungseinrichtung wurde zum Symbol für das Salz selbst. Hier hat offenkundig Bad Reichenhall mit seinen reichen Salzvorkommen (bis heute vorhanden!) eine entscheidende Rolle gespielt.
Fazit: so wurde Hall zu Salz. Mit den OrtsnamenHalle/Saale, Halle in Westfalenusw. hat das aber ursprünglich nichts zu tun.
Auch der Name Halle wird in dem Buch behandelt und es ist für die Hallenser sicher ist von Interesse, die Geschichte etwas über Halle nd deren Einwohner zu erfahren.
Hier ein Blick in das Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung 7
II. Bisherige Vorschläge zur Herkunft des Ortsnamens Halle usw. 9
Keltische Herkunft 9
Illyrische Herkunft 10
Dakisch-thrakische Hypothese 11
Griechen als Urheber? 11
Halde ein baskisches Wort? 12
Ein unbekanntes Volk? 12
Herleitung aus germanischem bzw. deutschem Wortmaterial 12
1. GotischhallusFels 13
2. DeutschHalleund Verwandtes 13
3. Zu*gol– spalten u.ä. 14
4.hel– trocknen 15
5.*hal– Salz? 16
III. Orts-, Gewässer- und Flurnamen 19
A. Nord-, Mittel- und Westdeutschland; Niederlande, Belgien; Nordfrankreich 19
a.Halle (Saale)und Parallelen 21
b.Hal– in Ortsnamen 34
1. Simplizia (einfache, unerweiterte Bildungen) 34
2. Komposita 38
3. Suffixbildungen 48
4. Zusammenfassung des bisherigen Ortsnamenanalyse 53
5. Ein weiteres Problem:Helleals Ortsname 57
6.hel– in Ortsnamen 59
B. Süddeutschland, Österreich, Schweiz 65
1. Süddeutschland 65
2. Österreich 70
3. Schweiz 79
4. Auswertung und Kartierung der Ortsnamen Süddeutschlands, Österreichs
und der Schweiz 81
C. Junge –hall-Ortsnamen (meistens Salinen) 83
IV. Zum Wortschatz um –hal(l) 87
Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch 87
Dialekte, Mundarten 89
V. Bisherige Auffassungen im Lichte des Namenmaterials 91
SüddeutschhalSalz(werk) = bairisch mundartlich*hal– [lt]*sal– Salz? 93
Hal– Hang [gt] (Salz)Bergwerk? 94
Hal(l)– = Salzkristall, Salzkruste? 102
VI. Ein neuer Vorschlag:HalSalzbergwerk, Saline [lt] Schöpfgalgen,
Hängevorrichtung 105
VII. Zusammenfassung der Ergebnisse 117
VIII. Literatur 119
IX. Abkürzungen 131
X. Register 133
Neuerscheinung
Jürgen Udolph
Die Ortsnamen Hall, Halle, Hallein, Hallstatt und das Salz
Bielefeld, Verlag für Regionalgeschichte 2014
ISBN 978-3-89534-866-2 – 19,00