Erschienen: September 2014
In der DDR konnten Mädchen und Frauen ab dem 12. Lebensjahr in geschlossene Venerologische Stationen zur Behandlung von Geschlechtskrankheiten zwangseingewiesen werden. Oft reichte dafür eine Denunziation oder der Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit, um von der Polizei, der Heimleitung oder von den Eltern auf eine solche Station gebracht zu werden.
Solche im Volksmund oft kurz und derb Tripperburg genannten geschlossenen Stationen gab es in fast jedem Bezirk. Auf den Stationen wurde ohne Aufklärung und Einverständnis der Patientinnen in die körperliche Integrität der Frauen eingegriffen. Die Mädchen und Frauen mussten täglich eine gynäkologische Untersuchung über sich ergehen lassen, teilweise ohne medizinische Indikation. Neben der (medizinischen) Versorgung sollten die Patientinnen in einem hierarchisch organisierten Terrorsystem zu sozialistischen Persönlichkeiten erzogen werden. Täglich mussten sie auf der Station oder in anderen Abteilungen der Poliklinik Arbeiten verrichten. Die Mädchen und Frauen wurden auf den Stationen körperlich wie psychisch gedemütigt und traumatisiert.
Am Beispiel der Poliklinik Mitte in Halle (Saale) wird der Alltag auf einer solchen geschlossenen Venerologischen Station geschrieben. Für diese Rekonstruktion wurden neben umfangreichen Archivrecherchen Interviews mit ehemaligen Patientinnen sowie mit Ärzten, Krankenschwestern und Mitarbeitern der geschlossenen Venerologischen Station in Halle (Saale) geführt.
Die Autoren
Prof. Dr. Florian Steger, geb. 1974, Studium der Klassischen Philologie und Geschichte an den Universitäten Würzburg und München (LMU), seit 1996 der Humanmedizin an der Universität München (LMU), 2002 Promotion an der Ruhr-Universität Bochum, 2002/03 Postdocstipendiat der DFG, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität Erlangen-Nürnberg, 20032008 Bayerischer Habilitationsförderpreis, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität Erlangen-Nürnberg, 2008 Habilitation daselbst, 20082011 wiss. Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Medizin (LMU München), seit 2011 Universitätsprofessor und Direktor des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Dr. Maximilian Schochow, geb. 1973, nach Schauspielstudium in Potsdam-Babelsberg 19972003 Studium der Theaterwissenschaft und Politikwissenschaft an der Universität Leipzig (M.A.), 2008 Promotion an der Universität Leipzig, 20062009 wiss. Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft, 2009/1010 wiss. Mitarbeiter am Hochschuldidaktischen Zentrum und 2010/11 wiss. Mitarbeiter und Lehrbeauftragter am Institut für Politikwissenschaft der Universität Leipzig, seit 2011 wiss. Mitarbeiter am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der MLU Halle-Wittenberg.
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