Und statt verflixt, wird es auch im siebenten Jahr erfreulich weitergehen. Sehr erfreulich sogar: Wir gehen dieses Jahr mit zwei Klassen an den Start, sagt Dr. Stephan Fuchs, einer der Projektverantwortlichen für die Klasse Allgemeinmedizin, und erklärt den Hintergrund dazu: Für die ursprünglich 20 Plätze hatte es 54 Bewerbungen gegeben. Damit hat sich fast jeder fünfte Studierende dafür beworben, der dieses Jahr in Halle mit dem Medizinstudium begonnen hat. Das zeigt, dass es für das Fach und die Perspektive als Hausärztin oder Hausarzt durchaus großes Interesse gibt.
Der neue Jahrgang profitiert wie die Jahrgänge vorher davon, dass allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die gesamte Zeit ihres Studiums ein praktizierender Allgemeinmediziner als Mentorin oder Mentor zur Seite steht und die Studierenden zudem auch selbst zwei Tage pro Semester in einer Hausarztpraxis mitarbeiten. Damit erhalten die Studierenden von Anfang nicht nur das theoretische Rüstzeug, sondern lernen den Beruf von der Pieke auf kennen. Sie können das Erlernte in einem realen Umfeld einsetzen und bereits frühzeitig erfahren, wie der Arbeitsalltag aussehen wird, sagt Fuchs.
Doch der neue Jahrgang erhält sogar noch zwei kleine Boni, wenn man es denn so nennen möchte: Er ist der erste, der von Anfang an in den Genuss kommt, die neueingerichtete Hausarzt-Übungspraxis im Dachgeschoss des Dorothea Erxleben Lernzentrums (DELH) zu nutzen. Diese steht natürlich auch allen anderen Jahrgängen der KAM und Studierenden der Medizinischen Fakultät zur Verfügung.
Und er ist der erste Jahrgang, der von der Erfahrung der allerersten Teilnehmer der Klasse Allgemeinmedizin profitieren kann, denn diese haben Anfang dieses Jahres das Programm abgeschlossen. Zu ihnen gehört auch Stephan Müller. Am Anfang war es zunächst als Zusatzprogramm für den vorklinischen Abschnitt gedacht, erinnert er sich. Weil es sich aber so gut entwickelt hatte, ist es dann auch auf den klinischen Abschnitt des Medizinstudiums erweitert worden.
Es war toll, dass wir damit bereits im theoretischen, vorklinischen Teil des Studiums den Praxisbezug hatten. Und es war schön, dann im Laufe der sechs Jahre die Patienten in der Hausarztpraxis meines Mentors in Teutschenthal immer mal wieder zu treffen. Das ist ja das, was den Hausarzt so besonders macht, sagt Müller. Außerdem sei die Klasse selbst eine tolle Erfahrung geworden, denn aufgrund der regelmäßigen Kontakte sei sein Jahrgang richtiggehend zusammengewachsen. Diese Kontakte werden sicher auch über das Studium hinaus bestehen bleiben, ist sich Müller sicher. Den künftigen Jahrgängen rät er, gerade im theoretischen Teil vom vielen Lernen nicht entmutigen zu lassen, sondern besonders die Praxistage zu genießen und sich aktiv in die Arbeit einzubringen.
Müller selbst wird, wenn alles so kommt, wie es jetzt gedacht ist, einen geradezu idealen Weg einer Hausarztkarriere einschlagen. Wenn das Staatsexamen, für das er gerade intensiv büffelt, erfolgreich absolviert ist, folgt die Facharztausbildung zum Allgemeinmediziner, unter anderem in Sangerhausen. Parallel verfasst er am halleschen Institut für Allgemeinmedizin seine Doktorarbeit. Danach stünde ihm die Übernahme der Hausarztpraxis seines Vaters auf dem Land in Ahlsdorf im Landkreis Mansfeld-Südharz offen. Mein Vater ist hier seit 1988 Arzt und ich kann mir gut vorstellen, hier zu bleiben. Ich bin hier durchaus verwurzelt und lebe gern hier, sagt Müller. Bisher sei die Versorgung auch noch recht gut, aber in fünf bis sechs Jahren gehen schlagartig mehrere niedergelassene Hausärzte in den Ruhestand und er würde sich freuen, wenn er der Entwicklung als junger Arzt entgegenwirken könne. Außerdem, so heißt es vom Institut, wird Stephan Müller in der Verbundausbildung weiterhin an der Medizinischen Fakultät betreut und es sei angedacht, dass er später selbst einmal als Mentor fungiere.
Die Klasse Allgemeinmedizin ist von einer innovativen Idee, die sogar bundesweit als Ort im Land der Ideen ausgezeichnet wurde, zu einem Angebotsbestandteil des Studiums an der Medizinischen Fakultät geworden, der nicht mehr wegzudenken ist. Noch viel wichtiger ist aber, dass wir damit ein besonderes Angebot geschaffen haben, um das uns viele beneiden und das einen Anreiz für zukünftige Medizinstudierende setzt, sich für Halle zu entscheiden, sagt der Dekan der Medizinischen Fakultät, Professor Dr. Michael Gekle. Damit leiste die Fakultät einerseits viel für das Medizinstudium und die Stärkung der allgemeinmedizinischen Ausbildung an sich, aber vor allem auch dafür, künftig die Hausarztversorgung insbesondere in Sachsen-Anhalt zu sichern.
Der Hausärzte-Verband Sachsen-Anhalt, die Kassenärztlichen Vereinigung (KVSA), und die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sind langjährige Unterstützer des Lehrprojektes. Die KVSA fördert zudem Studierende in der Klasse Allgemeinmedizin mit Stipendien, wenn diese sich im ersten Semester für das Projekt entscheiden und sich dazu entschließen, nach Ende ihrer Facharztausbildung für mindestens fünf Jahre in unterversorgten Regionen Sachsen-Anhalts zu arbeiten.
Weitere Informationen sind über das Institut für Allgemeinmedizin erhältlich, Telefon: 0345 557 5338, E-Mail: allgemeinmedizin@medizin.uni-halle.de und im Internet: www.medizin.uni-halle.de/klasseallgemeinmedizin