Endoprothesen-Experte aus den USA operiert am Universitätsklinikum

von 14. März 2016

Der hallesche Experte sagt: „Wir setzen seit etwa einem halben Jahr diese maßgefertigten Endoprothesen ein und es ist für uns eine große Ehre, dass einer der Mitentwickler gemeinsam mit uns operieren wird.“

Das Kniegelenk ist nach dem Hüftgelenk das am häufigsten aufgrund von Verschleiß in Form einer Endoprothese ersetzte Gelenk des menschlichen Körpers. In den vergangenen Jahrzehnten hat es zahlreiche Entwicklungen gegeben, um die Operationserfolge zu verbessern, beispielsweise durch minimal-invasive Eingriffe oder eine schnelle nachoperative Rehabilitation. Ein neuer Ansatz besteht darin, die Knietotalendoprothesen individuell für jeden Patienten zu fertigen. „Bei dieser Technologie kann anhand einer CT-Aufnahme des Kniegelenkes und wenigen CT-Schnitten der Hüft- und Sprunggelenksebene die Beinachse des individuell vorliegenden Falls exakt erfasst und das Kniegelenk in seiner Biomechanik berechnet werden“, erklärt PD Dr. Alexander. „Wir sind nun in der Lage, diese Prothese bei Patienten mit einer fortgeschrittenen Arthrose und Schädigung der Bänder im Knie einzusetzen.“ Denn bisher war es notwendig, die Bänder zu erhalten, jetzt können diese ersetzt werden. Erstmals in Sachsen-Anhalt konnte die in den USA weiterentwickelte individuelle Knieendoprothese eingesetzt werden.

In einem ersten Schritt werden die intraoperativ auszuführenden Schnitte so geplant, dass eine möglichst exakte Beinachse entsteht, die den Vorstellungen von einer idealen Beinachse für die Implantation einer Knietotalendoprothese entspricht. In einem zweiten Schritt wird eine Knietotalendoprothese aus den CT-Daten in Modell erstellt, die die spezielle und individuelle Form des Kniegelenkes des vorliegenden Patienten wiederherstellt. PD Dr. Zeh: „Das bedeutet, dass jedes der in diesem Fertigungsprozess entstehenden Kniegelenksmodelle verschieden ist und nur für den jeweiligen Patienten exakt passen wird.“

In der konventionellen Knietotalendoprothetik wird dieser Weg genau in eine andere Richtung gegangen, in dem eine Anzahl von Knieprothesengrößen eines bestimmten Systems oder eines bestimmten Prothesenmodelles vorliegen, wobei der Operateur dann intraoperativ anhand bestimmter Messlehren eine Größe auswählt und den Knochen entsprechend dieser gewählten Größe quasi anpasst. Vereinfacht gesagt wird bei der konventionellen Methode der Knochen des Patienten an die Prothese angepasst. „In dem neuen Verfahren der individuellen Knietotalendoprothetik wird ein Prothesenmodell genau abgestimmt auf die Knochenverhältnisse des Patienten gefertigt“, sagt der erfahrene Operateur.

Das beinhaltet zum einen den Vorteil, dass die Resektion von Knochen auf ein Minimum reduziert wird. Das ergibt sich allein daraus, dass nicht für jeden Patienten die Größenpalette der konventionellen Hersteller, die im Allgemeinen aus etwa acht Größen besteht, passend ist. Häufig liegen Zwischengrößen vor und der Operateur muss sich für die nächst kleinere oder nächst größere entscheiden. Dieser Nachteil entfällt bei der individualisierten Knietotalendoprothetik.

Zum anderen führt die Anwendung der konventionellen Technik häufig dazu, dass die Prothese auf den Patientenknochen nicht ganz exakt passt und an einigen Stellen die Schnittflächen des Knochens überragt bzw. dass die Prothese an einigen Stellen die Schnittflächen nicht vollständig bedeckt. Außerdem ist bekannt, dass die Biomechanik des Kniegelenkes bei jedem Patienten unterschiedlich ist. Das betrifft die Krümmungsradien und Form der Gelenkpartner aber auch die genaue Form und Ausrichtung der Gleitbahn für die Kniescheibe sowie die exakte Lage der Bewegungsachse im Kniegelenk. Diese Individualität kann durch individualisiert angefertigte Implantate berücksichtigt werden.

Zur Person Prof. Wolfgang Fitz:

Nach seinem Studium an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians Universität München folgten für Dr. Fitz Stationen am Städtischen Klinikum München Bogenhausen und am Krankenhaus Barmherzige Brüder München mit dem Abschluss in Orthopädischer Chirurgie, den er 1998 erlangte.

Danach ging der aus Burghausen stammende Chirurg nach Boston in die USA – dort war bereits in den 1970er Jahren ein Vorgängermodell der anatomischen Prothese entwickelt worden. Heute arbeitet Prof. Dr. Fitz als Orthopäde und Chirurg am Brigham and Women’s Hospital in Boston und lehrt an der Harvard Medical School. Er besitzt eine langjährige Erfahrung mit der innovativen Technik patientenindividueller, maßgefertigter Knie-Implantate und hat mehrere Studien zu diesem Thema veröffentlicht. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung dieses Systems ist ein ständiger Erfahrungstausch auch unter erfahrenen Chirurgen unerlässlich, um den Patienten höchste Sicherheit zu bieten.

     
PP