Erlös aus Benefizaktion „Rudern gegen Krebs“ eingesetzt

von 17. August 2016

Die Zeiten, in denen Patienten mit einer Tumorerkrankung während und nach der Therapie dazu geraten wird sich körperlich zu schonen, sind vorbei. Anhand einer Vielzahl von Studien konnte nachgewiesen werden, dass Bewegungstherapie in allen Erkrankungsphasen von Bedeutung sind. Körperliches Training verbessert und verhindert u.a. zahlreiche tumor- und therapiebedingte Nebenwirkungen, zeigt günstige Effekte auf physiologische Leistungsparameter und kann bei bestehenden Tumorerkrankungen das Mortalitätsrisiko reduzieren. Durch ein gezieltes körperliches Training kann Vertrauen zum eigenen Körper aufgebaut, das subjektive Wohlbefinden gesteigert und die Lebensqualität der Patienten insgesamt verbessert werden.

Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel des frühzeitigen Beginns eines körperlichen Trainings wurde am Universitätsklinikum Halle eine onkologische Sport- und Bewegungstherapie eingerichtet. Den finanziellen Anstoß dazu lieferte die deutschlandweite Benefizveranstaltung „Rudern gegen Krebs“, die erstmalig im vergangenen Jahr auch in Halle stattfand. Organisiert von der Stiftung „Leben mit Krebs“, dem Universitätsklinikum Halle (Saale), dem Halleschen Ruder-Club und der Halleschen Rudervereinigung Böllberg / Nelson ruderten 68 Mannschaften für den guten Zweck. Anfang 2016 wurde Prof. Dr. Müller-Tidow, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin IV (Onkologie/Hämatologie) vom halleschen Universitätsklinikum ein Scheck in Höhe von 18.000 Euro für den Aufbau einer onkologischen Sport- und Bewegungstherapie übergeben. Die nächste Regatta „Rudern gegen Krebs“ in Halle ist für kommenden Sommer geplant.

Mit den Geldern wurde im Gebäude des Landeszentrums für Zell- und Gentherapie des UKH in der Ernst-Grube-Straße ein Therapieraum mit verschiedenen Sportgeräten ausgestattet und zwei Mitarbeiterstellen geschaffen. Die onkologische Sport- und Bewegungstherapie bietet eine umfangreiche sporttherapeutische Beratung und Betreuung zum Aufbau und Erhalt eines körperlich aktiven Lebensstils an. Aktuell ist der Trainingsraum in der Zeit von Montag bis Freitag zwischen 10 und 14 Uhr geöffnet. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt, ob und ggf. welche Trainingseinschränkungen bestehen, können sich Patienten anmelden. Nach einer Eingangsanamnese besteht die Möglichkeit, ein Ausdauertraining auf dem Ruder- oder Fahrradergometer, ein Krafttraining mit Kleingeräten und ein Koordinationstraining zu absolvieren. Unter Berücksichtigung der individuellen Einschränkungen und Wünsche wird dafür ein individueller Trainingsplan erarbeitet. Neben konventionellen Trainingsgeräten kommt auch die aktivierende Spielekonsole (Nintendo Wii) zum Einsatz.

Das Angebot steht neben den Patienten des Universitätsklinikums auch Patienten der Region offen. Die langfristige Etablierung der onkologischen Sport- und Bewegungstherapie wird durch ein interprofessionelles Team konzeptionell unterstützt. Beteiligte Einrichtungen sind neben der Universitätsklinik für Innere Medizin IV (Prof. Dr. Carsten Müller-Tidow), das Department für Sportwissenschaft (Prof. Dr. Andreas Lau), das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft (Dr. Stephanie Boese) und die Stabsstelle Pflegeforschung (Dr. Patrick Jahn). Darüber hinaus ist die onkologische Sport- und Bewegungstherapie Mitglied in der Nationale Expertengruppe Bewegungstherapie und Körperliche Aktivität in der Onkologie (NEBKO).

Ein weiterer sich in der Entwicklung befindlicher Schwerpunkt liegt in der Umsetzung von bewegungsbezogenen Interventionsstudien. Die erste Studie, gefördert im Wilhelm-Roux-Programm der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität, ist im Juni dieses Jahres gestartet. Die InterBALANCE-Studie untersucht den Nutzen eines sensomotorischen Trainings zur Prophylaxe der Chemotherapie-induzierten peripheren Neuropathie (CIPN), einer häufigen Nebenwirkung einer Tumorbehandlung mit neurotoxischen Therapeutika. Typisch für eine CIPN sind an den Fingerspitzen und Zehen beginnende Symptome, die sich im Verlauf handschuh- bzw. strumpfförmig ausbreiten. Die Folgen reichen von Schmerzen, über Funktionsverluste wie Gangstörungen oder Missempfindungen in den Fingerspitzen (einhergehend mit Problemen beim Greifen oder Knöpfen) und führen zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität.

Die Studienpatienten absolvieren zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von zwölf Wochen in den Räumen der onkologischen Sport- und Bewegungstherapie ein sensomotorisches Training auf klassischen Geräten (Therapiekreisel, Posturomed) in Kombination mit Wii Balanceboard. Durch den virtuell-spielerischen Kontext, mit einem ständigen visuellen Feedback und einem hohen motivierenden Charakter, stellt dieses Training eine vielversprechende Alternative zum klassischen sensomotorischen Training dar.