Fasten hilft dem Herzen

von 18. August 2021

Bei einem Herzinfarkt wird der Herzmuskel nicht ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt. In der Folge stirbt Herzmuskelgewebe ab und die Pumpleistung des Herzens verschlechtert sich, was eine Herzschwäche nach sich zieht. Somit steigt für Patientinnen und Patienten nach einem schweren Herzinfarkt die Gefahr, an einer Herzinsuffizienz zu erkranken.

Zahlreiche Studien zeigen nicht nur die positiven Auswirkungen des Intervallfastens als Ernährungsweise auf den Metabolismus, sondern auch ihren günstigen Einfluss auf Risikofaktoren für Diabetes, erhöhtes Cholesterin oder Bluthochdruck. Beim Intervallfasten wechseln sich Essensperioden mit Fastenperioden ab. Entscheidend sind letztere: Sie setzen ein Regenerationsprogramm in den Zellen in Gang. „Während des Fastens werden die Köperzellen entrümpelt“, schildert Prof. Dr. Daniel Sedding, Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin III (Kardiologie), den Vorgang. „Mit einem Überangebot an Nahrung überfrachten wir unsere Zellen und sie können nicht mehr effektiv arbeiten. Stellen wir die Zufuhr während des Fastens über einen längeren Zeitraum ein, recyceln die Zellen im Rahmen der sogenannten Autophagie, was sie eingelagert haben. Wir sprechen dann von einer Verjüngung der Zellen, bei der die normale, ursprüngliche Zellfunktion wiederhergestellt wird.“ Diese Zellverjüngung beziehungsweise Zellaktivierung verbessert die Immunabwehr und körpereigenen Heilungsmechanismen.

Das Team um Dr. Jochen Dutzmann, der die Studie leitet, möchte nun herausfinden, ob diese Prozesse während des Intervallfastens dazu beitragen können, Herzinfarktpatienten vor einer Herzinsuffizienz zu bewahren. Bei der Behandlung von Herzinfarktpatienten kommt es darauf an, die Pumpfunktion des Herzmuskels soweit wie möglich zu erhalten beziehungsweise wiederherzustellen, um der drohenden Herzinsuffizienz vorzubeugen. Die durch die Fastenperioden während des Intervallfastens ausgelöste Zellentrümpelung (Autophagie) begünstigt die Heilung des Herzmuskels und die Wiederherstellung von Durchblutung und Pumpfunktion. „Ziel ist es festzustellen, ob das Intervallfasten nach einem Herzinfarkt dazu beitragen kann, die physiologische Zellfunktion in den Randgebieten des geschädigten Gewebes im Herzmuskel wiederherzustellen“, erklärt Dutzmann den Ansatz. „Gerade bei älteren Menschen sind die Heilungsmechanismen der Zellen eingeschränkt. Zellen in denen die eigentlich normalen Funktionen wiederhergestellt sind, können dazu beitragen, dass sich der Herzmuskel erholen, Blutgefäße wieder wachsen und somit eine Ausweitung des abgestorbenen und vernarbten Herzmuskelgewebes verhindert werden können“, ergänzt Sedding.

Die Studie INTERFAST-MI läuft seit Beginn des Jahres. Insgesamt etwa 50 Patientinnen und Patienten werden nach einem schweren Herzinfarkt anhand von Zufallskriterien auf zwei Gruppen aufgeteilt. Während die Studienteilnehmerinnen und Studienteilnehmer der ersten Gruppe nach der Methode 16:8 Intervall fasten (16 Stunden am Stück fasten, 8 Stunden nach Belieben essen), ernährt sich zweite Gruppe weiter wie bisher. Die Herzfunktion wird jeweils nach einem, drei und sechs Monaten untersucht. Ein externes Expertengremium überwacht die Daten während der Studie, um eine Gefährdung der Teilnehmenden frühzeitig erkennen zu können. „Unsere größten Bedenken waren, dass wir Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer verlieren, weil sie das Fasten nicht durchhalten“, sagt Sedding. „Das einschneidende Erlebnis eines schweren Herzinfarktes scheint jedoch groß genug, um einer Veränderung der Essgewohnheiten, die die Heilungschancen positiv beeinflussen kann, motiviert zu begegnen. Fast alle Studienteilnehmenden halten sich sehr engagiert, gewissenhaft und langfristig an die empfohlenen Vorgaben. Nach kurzer Umgewöhnungszeit werden die veränderten Essgewohnheiten weitgehend als normal empfunden.“

Spätestens im Frühjahr 2022 sollen erste Ergebnisse der Studie vorliegen. In weiteren Schritten soll auch erforscht werden, wie sich das Intervallfasten auf andere Folgen eines Herzinfarkts und auf eine chronische Herzinsuffizienz ohne vorhergehenden Herzinfarkt auswirkt.