In den Urlaub mit psychischer Erkrankung

von 3. Juli 2016

Reisebericht von Manuela Gerlach aus der Tagesstätte Leuna

Die 46-Jährige leidet seit ihrem 17. Lebensjahr an einer paranoiden Schizophrenie, ist infolgedessen auf viel Ruhe und Geborgenheit angewiesen. „Stress kann gefährlich für mich sein, da er meine Symptome auslösen kann“, erklärt sie. „Einen Urlaub ganz allein organisieren, das wäre viel zu viel Aufregung für mich.“ Vor ihrer Erkrankung hat sie Facharbeiterin für Schreibtechnik gelernt und fünf Jahre in einem Krankenhaus gearbeitet. Nun besucht sie tagsüber die Tagesstätte Leuna, wo sie Hilfe bei der Gestaltung ihres Alltags erfährt und dort am gemeinschaftlichen Leben teilhaben kann. Die Tagesstätte organisiert einmal jährlich eine barrierefreie Ferienfahrt, damit Menschen wie Manuela Gerlach auch die Chance haben, in den Genuss eines entspannten Urlaubs zu kommen. Gemeinsam mit Klienten der Tagesstätten Querfurt und Halle ging es in diesem Jahr auf den Ferienhof „Grundmühle Hohnstein“ in die Sächsische Schweiz. Für die gebürtige Merseburgerin war es das ideale Reiseziel: „Die Landschaft und unser Ferienhof waren wunderschön und sehr ruhig. Ich habe viele gute Freunde wiedergesehen und gemeinsam haben wir jeden Tag etwas anderes gesehen und erlebt “, berichtet sie. „Um meine Krankheit musste ich mich kaum sorgen.“

Elke Strauchmann, Leiterin der Tagesstätten, erläutert, weshalb ihre Klientin sorgenfrei urlauben konnte: „Frau Gerlach ist auf viel persönliche Zuwendung angewiesen, die sie von ihren Betreuern bekommt. Alle Aktivitäten haben eine entspannende und beruhigende Wirkung auf sie und sind mit einem großzügigen Zeitrahmen geplant. Und wenn sie sich mal zurückziehen und für sich sein möchte, dann geben wir ihr diesen Raum.“
Insgesamt sind 28 Klienten aus den drei Einrichtungen in die Sächsische Schweiz gefahren. „Wir müssen die individuellen Krankheitsgeschichten aller unserer Klienten im Blick behalten. Menschen mit ganz unterschiedlichen psychischen Erkrankungen haben auch unterschiedliche Bedürfnisse. Deshalb müssen wir viel Fingerspitzengefühl bei unserer Ferienfahrt beweisen“, informiert sie.

Für Manuela Gerlach war ein Besuch in der Therme Bad Schandau das Highlight des Urlaubs. „Ich konnte einfach für eine Weile auf der Wasseroberfläche liegen und dabei die entspannende Musik in der Therme hören“, erzählt sie. „Auch bei ausgiebigen Waldspaziergängen habe ich viele neue Kräfte für den Alltag getankt. Ich bin sehr dankbar, dass meine Tagesstätte diese Reise angeboten hat.“

Inzwischen ist sie wieder in der Tagesstätte Leuna angekommen, wo sie ihren Alltag am liebsten mit kreativen Tätigkeiten wie Korbflechten und Tonarbeiten verbringt. Das beruhigt einerseits und schafft Selbstbewusstsein, da etwas Produktives geleistet wird. Aktuell fertigt sie Basteleien und Dekoration für das Fischerfest an. Das weckt den Wunsch an den nächsten Urlaub. Die Ostsee würde ihr sehr gut gefallen.

Hintergrund:

Eine paranoide Schizophrenie ist die häufigste Form der Schizophrenie. Zur Symptomatik gehören unter anderem Wahnvorstellungen sowie optische und akustische Halluzinationen. Schizophrenie kehrt nach der ersten Krankheitsphase häufig in Schüben zurück. Ein chronischer Verlauf der Krankheit kann weitere Symptome wie Antriebslosigkeit, Freudlosigkeit sowie Störungen des Denkens und der Bewegung mit sich bringen.

BU_7456: Manuela Gerlach ist dankbar, dass sie mit ihrer Tagesstätte einen schönen Urlaub hatte.