Insbesondere vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft gewinnen spezielle Wundauflagen an Bedeutung. Die Behandlung komplexer Wunderkrankungen, wie »Ulcus Cruris«, im Volksmund »offenes Bein« genannt, oder diabetischer Wunden stellt für medizinisches Personal eine schwierige, für die Betroffenen eine langfristige und schmerzhafte sowie für das Gesundheitswesen eine kostspielige Aufgabe dar. Für die Versorgung solcher Wunden kommen inzwischen auch innovative proteinbasierte Materialien zum Einsatz, die jedoch aufgrund ihrer Herstellung aus tierischen Geweben erhöhte Infektionsrisiken bergen oder unerwünschte Immunreaktionen zur Folge haben können. Hinzu kommen zunehmende Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber Medizinprodukten tierischer Herkunft.
Im gemeinsamen Forschungsprojekt entwickeln die Projektpartner derzeit maßgeschneiderte, biomedizinisch einsetzbare Materialien auf der Basis von humanem Tropoelastin. Dieses Vorläufermaterial wird im Körper zu Elastin umgewandelt, einem lebensnotwendigen und langlebigen Strukturprotein, das über außergewöhnliche mechanische Eigenschaften verfügt und damit der Haut und weiteren Organen die für deren Funktion erforderliche Elastizität und Spannkraft verleiht.
»Elastin ist chemisch und enzymatisch äußerst stabil, biokompatibel und erzeugt bei der Anwendung als Biomaterial bei Menschen keine immunologischen Abstoßungen. Daher wollen wir auf Basis des humanen Tropoelastins neue und innovative Lösungen für die Behandlung komplexer Wunden schaffen«, sagt Dr. Christian Schmelzer, Leiter des Geschäftsfeldes Biologische und makromolekulare Materialien am Fraunhofer IMWS.
Zunächst ist es im Rahmen des Forschungsprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Markus Pietzsch von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gelungen, ein biotechnologisches Verfahren zur Modifizierung von Tropoelastin zu entwickeln. Die Verarbeitung des modifizierten Tropoelastins erfolgt am Fraunhofer IMWS. Hier werden mittels eines Elektrospinnverfahrens hauchdünne Nanofasern hergestellt, deren Durchmesser nur wenige Hundert Nanometer betragen. Diese Fasern werden zu Nanofaservliesen gesponnen. Über chemische Quervernetzungsschritte werden die Vliese für ihre spätere Anwendung stabilisiert. Die entwickelten Verfahren wurden dahingehend optimiert, dass biomedizinische Parameter wie Porengröße, Stabilität und mechanische Eigenschaften variabel sind und damit individuell und maßgeschneidert den Erfordernissen der jeweiligen Wundbehandlung angepasst werden können. Die mit den neuen Verfahren hergestellten Materialien werden durch die Skinomics GmbH in ersten präklinischen Tests hinsichtlich ihrer Hautverträglichkeit untersucht und erzielten bereits vielversprechende Ergebnisse.
Zum Abschluss des Projektes am Ende dieses Jahres sollen Schutzrechtsanmeldungen als Grundlage für eine anschließende Produktentwicklungsphase für zertifizierte Medizinprodukte erfolgen.