PFLEGE: Was ändert sich?

von 3. August 2016

Mit dem Thema Pflegestärkungsgesetz sind 57 Prozent der Bevölkerung Sachsen-Anhalts nicht vertraut. Das zeigt eine repräsentative Umfrage der AOK*. Beim Thema Pflege sind der Hausarzt und die Pflegekasse der AOK Sachsen-Anhalt Ihre ersten Ansprechpartner. In jedem unserer 44 Kundencenter gibt es qualifizierte Pflegeberater, die Sie in dieser schwierigen Lebenssituation unterstützen. Sie beraten kompetent, kostenfrei und neutral zu Leistungen, Antragstellung und Begutachtungsverfahren. Sie unterstützen bei der Auswahl von Pflegediensten oder Pflegeheimen und bei Qualitätsmängeln in der Pflege. Zudem veranstaltet die Gesundheitskasse jährlich mehrere Pflegeforen. Sie informieren über gesetzliche Neuerungen in der Pflegeversicherung und Möglichkeiten der Wohnumfeldverbesserung.

Wie erfolgt die Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrad?

Wer aktuell Leistungen aus der Pflegeversicherung bezieht, braucht nichts zu unternehmen. Die AOK überträgt die bisherigen Pflegestufen zum 1. Januar 2017 automatisch in das neue System mit den Pflegegraden. Menschen mit ausschließlich körperlichen Einschränkungen kommen dabei in den nächsthöheren Pflegegrad. Pflegebedürftige mit zusätzlichen Einschränkungen in der Alltagskompetenz kommen automatisch in den übernächsten Pflegegrad.

Beispiel: Wer jetzt in der Pflegestufe 2 ist, kommt dann in den Pflegegrad 4, wenn bei ihm eine eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt wurde. Ein Besitzstandsschutz verhindert, dass niemand durch die neuen Pflegegrade schlechter gestellt wird als bisher.

Was ändert sich durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff?

Bislang bezieht sich der Begriff von Pflegebedürftigkeit vor allem auf körperliche Einschränkungen. Künftig werden auch geistige oder psychische Beeinträchtigungen und demenzielle Erkrankungen gleichermaßen berücksichtigt. Grundlage ist ein neues Begutachtungsverfahren. Festgestellt wird dann nicht mehr, wie viele Minuten Hilfebedarf ein Mensch etwa beim Waschen hat.

Neuer Gradmesser ist, wie selbstständig er den Alltag bewältigen kann und welche Fähigkeiten vorhanden sind. Einbezogen werden Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen. Es geht aber auch um Fragen der Selbstversorgung, des Umgangs mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen, der Gestaltung des Alltags und sozialer Kontakte. Daraus leitet sich die Einteilung in fünf Pflegegrade statt der bisherigen drei Pflegestufen ab.

Ich pflege meinen Vater. Wie bin ich in der Renten- und Arbeitslosenversicherung abgesichert?

Für pflegende Angehörige werden schon jetzt Beiträge zur Rentenversicherung abgeführt, wenn der Pflegeaufwand mindestens 14 Stunden in der Woche in häuslicher Umgebung umfasst. Ab 2017 zahlt die Pflegeversicherung Rentenbeiträge für alle Pflegepersonen, die einen Pflegebedürftigen im Pflegegrad 2 bis 5 mindestens zehn Stunden wöchentlich, verteilt auf mindestens zwei Tage, zu Hause pflegen. Die Rentenbeiträge steigen mit zunehmender Pflegebedürftigkeit. Neu ist ab 2017 der Versicherungsschutz in der Arbeitslosenversicherung.

Für Pflegepersonen, die aus dem Berufsleben aussteigen, um sich pflegebedürftigen Angehörigen zu widmen, entrichtet die Pflegeversicherung künftig für die gesamte Dauer der Pflegetätigkeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Die Pflegepersonen haben damit Anspruch auf Arbeitslosengeld, falls nach Ende der Pflegetätigkeit der Wiedereinstieg ins Berufsleben zunächst nicht gelingt. Das Gleiche gilt für Menschen, die für die Pflege den Leistungsbezug der Arbeitslosenversicherung unterbrechen.

Wer hilft mir bei Umbauarbeiten?

Oft genügen schon kleine bauliche Veränderungen, um bei Behinderung oder Pflegebedürftigkeit selbstständig in der vertrauten Wohnung bleiben zu können. Die AOK-Pflegekasse fördert eine notwendige Wohnraumanpassung mit bis zu 4.000 Euro je Maßnahme, vorausgesetzt eine Pflegestufe liegt vor. Weiterhin muss durch die Umbauten die häusliche Pflege ermöglicht oder erleichtert werden. Der Umbau selbst kann durch die Gesellschaft für Prävention im Alter (PiA) komplett begleitet werden.

Pflege kommt oft unverhofft. Was können Beschäftigte tun?

Wenn eine akute Pflegesituation eintritt, können Arbeitnehmer bis zu zehn Tage von der Arbeit freigestellt werden. Das gilt für Beschäftigte, die sich um nahe Angehörige kümmern und kurzfristig die Pflege organisieren oder sicherstellen müssen. Für diese zehntägige Auszeit erhalten Beschäftigte eine Entgeltersatzleistung: das Pflegeunterstützungsgeld. Das gilt auch für Minijobber. Die Leistungen werden von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen erbracht und betragen mindestens 90 oder auch 100 Prozent des Nettoarbeitsentgeltes (abhängig von Einmalzahlungen des Arbeitgebers). Außerdem werden Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge entrichtet.

Mein Bruder hat Demenz. Ich möchte ihn zu Hause betreuen, habe aber keine Erfahrung mit der Krankheit. Wie hilft die AOK?

Für Pflegepersonen, die zu Hause einen an Demenz erkrankten Angehörigen betreuen und pflegen, bietet die AOK Sachsen-Anhalt zusammen mit Kooperationspartnern spezielle Kurse und Schulungen in der Häuslichkeit an. Hier werden Informationen über das Entstehen von demenziellen Erkrankungen und Kenntnisse für den täglichen Umgang mit dem Erkrankten vermittelt. Ebenso geht es um Behandlungs- und Therapieansätze sowie um Möglichkeiten der eigenen Entlastung. Der Kurs oder die individuelle Schulung ist für AOK-Versicherte und Angehörige von AOK-versicherten Demenzkranken kostenfrei.

Wie hoch sind künftig die Leistungsbeträge?

Die Hauptleistungsbeträge in den einzelnen Pflegegraden betragen ab dem 1. Januar 2017:

PG1*

PG2*

PG3*

PG4*

PG5*

Geldleistung ambulant

316 €

545€

728€

901€

Sachleistung ambulant

689€

1.298€

1.612€

1.995€

Leistungsbetrag vollstationär

125€

770€

1.262€

1.775€

2.005€

Quelle: aok-gesundheitspartner.de * PG=Pflegegrad

Pflegereform

Die Pflegereform wurde im Oktober 2014 beschlossen. Mit dem Pflegestärkungsgesetz I traten die ersten Änderungen im Januar 2015 in Kraft. Seitdem gibt es mehr Geld in allen Pflege stufen. Im Gegenzug stiegen die Beiträge zur Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent (bei Kinderlosen 2,6 Prozent). Zudem lässt sich die Pflege zu Hause flexibler gestalten. Die Leistungszeiten für Verhinderungspflege verlängern sich von vier auf sechs Wochen, bei Kurzzeitpflege von vier auf acht Wochen im Jahr.

Das Pflegestärkungsgesetz II trat am 1. Januar 2016 in Kraft. Kernpunkte sind die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs und ein neues Begutachtungsverfahren. Hierbei handelt es sich nicht nur um einzelne Leistungsänderungen, sondern um ein komplett neues System. Deshalb wird das Gesetz erst 2017 umgesetzt. Zur Finanzierung steigt der Beitragssatz der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017 um 0,2 Prozentpunkte auf 2,55 Prozent (bei Kinderlosen 2,8 Prozent).

Informationen erhalten Sie an der kostenfreien Pflegehotline 0800 226 5725 und auf aok.de/sachsen-anhalt [gt] Kontakt

* Quelle: Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung GmbH, Erfurt