Studie erlaubt erstmals Schätzungen der Häufigkeit von Nierenfunktionsstörungen in Deutschland

von 12. Februar 2016

Die Studie von Prof. Girndt und seinen Mitstreitern ist im heute erscheinenden Heft des Deutschen Ärzteblattes veröffentlicht worden.

Das Robert-Koch-Institut führt regelmäßig Erhebungen im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes durch. Unter anderem wurden dabei Daten zur Nierenfunktion erhoben, die die Hallenser Wissenschaftler jetzt auswerten konnten. Konkret wurden Nierenfunktionsparameter bestimmt und Fragen zu Nierenfunktionsstörungen sowie ihrer Behandlung gestellt. Befragt wurden 7.115 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 79 Jahren. Aus diesen Daten wurde ermittelt, dass im Jahr 2011 etwa 1,5 Millionen Menschen in Deutschland in dieser Altersgruppe eine eingeschränkte Nierenfunktion hatten. Rechnet man die Zahlen auch auf Menschen älter als 80 Jahre hoch, kommt man für ganz Deutschland auf mindestens zwei Millionen Menschen. Personen unter 50 Jahren sind eher selten betroffen, in der Altersgruppe 70 bis 79 Jahre ist hingegen jeder achte betroffen. In dieser Altersgruppe sind zudem Frauen häufiger nierenkrank als Männer, die genauen Ursachen dafür werden noch erforscht.

Bezieht man jegliche Zeichen renaler Schädigungen ein, kann davon ausgegangen werden, dass rund zehn Millionen Menschen in Deutschland ein höheres Risiko für Nierenschädigungen haben.

Insbesondere Diabetes mellitus sowie Bluthochdruck gelten dabei als Risikofaktoren für eine chronische Nierenschwäche. Sie sind zahlenmäßig auch die häufigsten Ursachen für eine dauerhafte Dialysepflicht. Zudem kann Rauchen bei einem vorhandenen Nierenproblem zu einer Verschlechterung beitragen.

Bisher gab es eine solche bevölkerungsbasierte Schätzung für Deutschland nicht, stattdessen wurden Erhebungen in den USA statistisch auf Deutschland umgelegt. Lediglich für die Nierenersatztherapie waren Zahlen bekannt.

Die Zahlen sind zum einen insofern von Bedeutung, weil eine mittelgradige Einschränkung der Nierenfunktion das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen drastisch erhöht. Zum anderen aber auch deshalb, weil sie dazu beitragen, den Versorgungsbedarf mit Nierenersatztherapien als mögliche Folge einer chronischen Nierenerkrankung sowie von ungenutztem Präventionspotenzial abschätzen zu können.

„Wir hoffen, dass diese Zahlen darauf aufmerksam machen, wie viele Menschen von Nierenschäden bedroht sind. Schließlich sind Fortschreiten und Verschlechterung in der Mehrzahl der Fälle durch geeignete Behandlung vermeidbar“, sagt Prof. Girndt.

Das Deutsche Ärzteblatt gilt als die auflagenstärkste Medizinzeitschrift in Deutschland. Es wird an alle Ärzte verschickt und von der Bundesärztekammer herausgegeben. Die Originalarbeit der Autoren ist online verfügbar unter: https://www.aerzteblatt.de/archiv/174771/Praevalenz-der-eingeschraenkten-Nierenfunktion