Ältester Kastenbrunnen der Welt erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt

von 8. September 2011

Das älteste Holzbauwerk Sachsen-Anhalts ist zugleich der älteste Kastenbrunnen der Welt überhaupt. Und weitere Superlativen um den rund 7.500 Jahre alten Brunnenkasten, der am Donnerstag erstmals vorgestellt wurde, konnte das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle (Saale) vorweisen: Es ist die größte und schwerste Blockbergung, die das Museum jemals geborgen und transportiert hatte. Der Erdblock, in dessen Inneren sich ein gut erhaltener, hölzerner Kastenbrunnen befand, wurde als Ganzes auf einem Tieflader in die Restaurierungswerkstatt nach Halle geschafft, um dort unter Laborbedingungen ausgegraben zu werden. Gewicht: 22 Tonnen. Und zugleich war es ein Jahr lang die kleinste Ausgrabung des Landes. Der Brunnen befand sich einst neben einer Linienbandkeramischen Siedlung, in der Nähe des heutigen Sangerhausen im Südharz. Das genaue Alter eines Bauteils, das aber schon aus einer späteren Reparaturphase stammt, konnte schon mittels der Jahrringmethode bestimmt werden: Im Jahre 5108 v. Ch. wurde die Eiche gefällt, aus der die Bohle gespalten wurde.

Die Fundstätte liegt auf dem Trassenabschnitt der Autobahn A 71 zwischen Nieder- und Oberröblingen. Finanziert wurde das gewaltige Grabungs- und Bergungsprojekt von der Autobahngesellschaft DEGES.

Die Linienbandkeramiker waren die ersten Siedler Mitteldeutschlands. Sie waren die ersten Bauern, die die gewaltigen Eichenwälder für ihre Siedlungen und Bauprojekte rodeten. Sie brachten bereits perfekte Holzbearbeitungstechniken aus ihrer ursprünglichen Heimat, der ungarischen Tiefebene, mit: Geschliffene Steingeräte waren die Werkzeuge, mit denen man Bäume fällte, zu Spaltbohlen verarbeitete und mit Zimmermannstechniken wie Verzapfen und Vernuten zu verbinden verstand.

Nicht weit von der Brunnenfundstelle entfernt wartete die nächste Sensation auf die Archäologen: Ein Tell, ein gewaltiger Siedlungshügel, auf dem sich die Menschen der Linienbandkeramik bis in die Eisenzeit hinein – also fast 5.000 Jahre lang, auf ihrem Müll langsam „hochgewohnt“ haben, wie Projektleiterin, Dr. Susanne Friedrich, erläuterte. „Dass da keine Krankheiten wie EHEC ausgebrochen sind, ist förmlich ein Wunder“. Es war jedoch nicht nur Siedlungsabfall, sondern vor allem die Trümmer der immer wieder zerstörten Lehmbauten, die den Hügel langsam aus der Ebene in die Höhe wachsen ließen. Man kannte solche „Tells“, wie sich diese Siedlungshügel nennen, bislang nur aus dem vorderen Orient und der ungarischen Tiefebene. In Mitteleuropa waren sie der Archäologie bislang unbekannt. Bis zu einer Größe von vier Hektar dehnte sich der künstliche Siedlungshügel in der fruchtbaren Ebene aus.

Besonders in der späten Bronzezeit, also um 1.000 v. Ch., zeichnete sich der Ort durch ungeheuren Reichtum aus. Davon zeugen viele bronzene Schmuckgegenstände, aber auch Gussformen für Bronzewerkzeuge.