Auf Trampelpfaden durch Halle

von 12. April 2010

Halle (Saale). „„Trampelpfade, die im öffentlichen Raum angelegt werden, sind oft Ausdruck eines Bedürfnisses, dem die offizielle Planung nicht oder nur unzureichend gerecht wurde“ – so ist es in einer Begleitbroschüre zu lesen. Zu einer außergewöhnlichen Stadtführung luden am Wochenende Studenten der Hochschule für Kunst- und Design Burg Giebichenstein ein. Unter dem Motto „Trampelpfade“ hatten sie verschiedene Projekte entwickelt, die es Samstag und Sonntag im öffentlichen Raum zu sehen gab. Einige die ganze Zeit, andere wiederum nur zu den Führungen.

Auftakt war an den Franckeschen Stiftungen mit der Spiegel- und der Trampelstraße. Philine Delekta hat der Natur den durch einen Trampelpfad genommenen Raum wiedergegeben. Auf dem gepflasterten Weg fand der Trampelpfad nämlich seine Fortsetzung – als Grünstreifen. Im zweiten Projekt lies Philine „Now I’m here“ auf den Asphalt schreiben, und zwar mit ihrem Fahrrad. Auf dem Reifen hatte sie dazu Moosbuchstaben angebracht. Befeuchtet ergab eine Fahrt den Schriftzug.

Die folgenden beiden Ideen waren da schon eher etwas für den realen Einsatz. Entwickelt hat sie Daniel Kosa. In eine Spule, angebracht an einer Hauswand, kann der Lenker des Fahrrades eingehängt werden. Die die Hauswand soll so vor Beschädigungen und Kratzspuren geschützt werden. An der Ampel am Waisenhausring brachte Kosa Griff und Pedale an. Radler sollen sich hier festhalten und abstützen können. Allerdings musste diese Erfindung unmittelbar nach der Führung wieder abgebaut werden. Ist eben (noch?) nicht TÜV-zugelassen. Das Ordnungsamt wachte auch über die ordnungsgemäße Entfernung.

Türöffner, Touchscreens von Geldautomaten, Ampeldrücker – das alles sind Keimschleudern, findet Fanny Christov und hat ihre Projekte „Aufderhut“ und „Fingerding“ entwickelt. Damit braucht man nicht mehr direkt die Taster anfassen.

Für Aufsehen sorgte Daniela Susan Träbert auf dem Markt. „Bretter vorm Kopf“ hieß ihre Installation – in Blumenkübel eingebrachte Holzlatten mit einem Loch. In dieses kann man zum Beispiel zusammengerollte Flyer stecken und diese als „Fernrohr“ nutzen. Blick auf Marktkirche, Roter Turm und Marktschlösschen gratis.

Gecampt wurde auf dem kleinen Platz am Kleinschmieden. „Auszeit“ hieß das Projekt der Industriedesign-Studentin Ulrike Mutschke. Echter Rollrasen, Zelt und Campingstuhl standen Mitten auf dem Platz. Um „Entschleunigung“ geht es der Burg-Studentin. Ums langsamer werden, bewusster wahrnehmen, stehen bleiben, verweilen, erleben und genießen, was Ruhe heißt. Mutschke will mit ihrer Installation daran erinnern, dass es Zeit wird, mal wieder die Natur zu genießen. Und gibt gleich Tipps mit, über Wegweise an ihrem außergewöhnlichen Campingplatz. 52 Kilometer bis zur Dübener Heide …

Eine „Trampelhilfe“ brachten Elisabeth Seyferth und Florian Schregelmann am Hansering an. Dort gibt es neben dem Parkhaus einen Trampelpfad über eine Grünfläche, obwohl ein Höhenunterschied zum Fußweg von einem Meter zu überwinden ist. Drei Betonblöcke boten eine kleine Treppe. Ein Trampelpfad in den Franckeschen Stiftungen wurde mit Hilfe von Kreide und Spielzeug-Verkehrszeichen zu einer Schnellstraße „ausgebaut“.

Müll – ein Problem in der halleschen Innenstadt. Immer wieder werden Bierflaschen zerschmissen. Till Ronacher hat deshalb einen Bierkasten aus Beton entworfen. Hier kann man seine leeren Flaschen reinstellen. Und Flaschensammler können sie bequem einsammeln. Sophie Döhler und Bianca Raup ärgern sich vor allem über die umgeworfenen Papierkörbe, die jedes Wochenende in der Innenstadt zu finden sind. Ihr „Günther“ – auch ein Mülleimer aus Beton – funktioniert wie ein Steh-auf-Männchen.

Wer gut zu Fuß ist nutzt also gern Trampelpfade. Aber wie ist es mit Rollstuhlfahrern? Damit hat sich Inga Becker beschäftigt. Sie zeigte mit einer gelben Linie auf, welch umständlichen Weg Rollstuhlfahrer auf sich nehmen müssen, wenn sie von der Straßenbahnhaltestelle zur Werfe auf der Kulturinsel wollen.