Das Antlitz der Wissenschaft

von 19. April 2012

Das Ausstellungsprojekt der beiden Häuser stellt ein Novum dar. Noch nie zuvor wurde in dieser Breite die Portrait-Sammlung der Mitglieder der Leopoldina gezeigt. Zudem ist nicht die Exklusivität der Bilder eine Besonderheit, sondern ihre Sammlungsvoraussetzung. Durch das Prinzip der Selbsteinreichung zeichnet sich in den Werken eine einzigartige Authentizität. Jedes Bild steht dabei für seine eigene Gegenwart. Die Ausstellung ist also nicht nur aus wissenschaftlich-historischer Sicht interessant, sondern bietet ebenso Stoff für kunsthistorisch Interessierte, sowie einen Einblick in die Geschichte der Technik und der Kultur. Die ausgestellten Werke zeigen Repliken von Kupferstichen, Stahlstichen, Lithografien bis hin zu Autogrammkarten des 20. Jahrhunderts. Inhaltlich beschäftigt sich die Sammlung vor allem mit der Frage, wie Gelehrte sich selbst für die Nachwelt darstellen wollen. Durch ein offenes Raumkonzept erschließen sich für den Besucher unterschiedliche Wege, bei denen man auch noch einmal zurück gehen und seinen Blick erneut über die ausgestellten Bilder schweifen lassen kann. Neben der großzügigen Referenz der Matrikelbände, welche chronologisch geordnet sind, zeigt die Stiftung Moritzburg fünf Themenwände, die sich mit verschiedenen Fragestellungen beschäftigen. Darunter werden die unterschiedlichen Garderoben der Portraitierten gezeigt, ihre wandelnden Posen und Haltungen, ebenso wie verschiede Bildtypen. Besucher, die ganz viel Zeit mitbringen, können sich an der Stirnwand eine Projektion des gesamten Materials der Leopoldina anschauen, welche in einem Durchlauf circa 30 Stunden umfasst. Interessant sind auch die Brüche, die sich in der Sammlung selbst abzeichnen. So beginnt die Ausstellung mit Band 1 und setzt mit Band 4 fort. Nicht etwa, weil die anderen Bände nicht ausgestellt werden; die fehlenden Bände sind auf die Auslagerungsverluste der Akademie zurückzuführen. Der Zeitrahmen der ausgestellten Werke reicht von 1652 bis 1935. Zeitgenössische Portraits können auf Grund der Bildrechte nicht in die Ausstellung aufgenommen werden. Zudem wollten sich die Kuratoren möglichst nah an der Quelle der Matrikelbände bewegen. Diese wurden nur bis 1935 geführt. Eine weitere Besonderheit stellt somit das letzte Bild der Ausstellung dar. Es entstand in den 70er Jahren und wurde in den zehnten Band nachträglich eingelegt. Um diese außergewöhnliche Stellung deutlich zu machen, wurde das Bild etwas abseits der anderen Werke gehängt.Doch nicht nur für kunst- und wissenschaftsinteressierte Besucher hat die Ausstellung etwas zu bieten, auch Laien sind dazu aufgerufen die wenigen Frauen unter den Wissenschaftlern zu suchen, die sich durch Haltung oder gar der äußeren Erscheinung unter den Männern verstecken. Seit ihrer Gründung gehörten der Leopoldina annähernd 7.500 Gelehrte an, darunter 168 Nobelpreisträger. „Das Antlitz der Wissenschaft. Gelehrtenportraits aus drei Jahrhunderten“ ist vom 24. April bis 8. Juli in der Ausstellungshalle im Nordflügel der Moritzburg zu sehen. Die Eröffnung der Ausstellung findet am Montag, den 23. April um 18.30 Uhr statt.