„Das Desinteresse – Festschrift für einen Freund“

von 17. Juli 2010

Matthias BAADER Holst war einer der interessantesten Untergrundpoeten in der DDR. Eigentlich hieß er Matthias Holst, doch nach dem RAF-Mitglied Andreas Baader und dem Berliner Dadaisten und Aktionskünstler Johannes Baader legte er sich den Beinamen BAADER zu, den er stets in Versalien schrieb.

Der 1962 eigentlich in Quedlinburg Geborene gilt als Hallenser, denn hier absolvierte er eine Lehrstelle als Bauarbeiter. Zuvor hatte er die Erweiterte Oberschule verlassen. Später wurde er in der Saalestadt Bibliothekar. Ab 1984 trat er mit Lesungen und Aktionen in der hallischen Untergrundszene in Erscheinung.

1988 zog BAADER schließlich nach Berlin, wo er künstlerische Aktionen mit Peter Wawerzinek organisierte. Nebenher agierte er hier auch als Sänger und Texter in den Musikgruppen „Die letzten Recken“ und „Frigitte Hodenhorst Mundschenk“. Im Juni 1990 verunglückte BAADER bei einem unverschuldeten Unfall mit einer Berliner Straßenbahn und erlag eine Woche später an seinen schweren Verletzungen.

Aus Anlass seines 20. Todestages hat nun der Hasenverlag eine „Festschrift“ seines ehemaligen Weggefährten Peter Wawerzinek herausgebracht. In dem schmalen Bändchen erinnert der Autor nicht nur an die beiden gemeinsamen und aufregenden Jahre in Berlin. Immer wieder macht er deutlich, dass Halle für den Vollblutdichter BAADER „Heimstätte“ war. Halle war seine „lyrische Erdung“, Halle lenkte seine Gedanken und Schriften.

Um die entscheidenden Jahre von BAADER in Halle möglichst authentisch zu rekonstruieren, lebte der Autor im Vorjahr zehn Tage in der Saalestadt, wo er in den Weingärten direkt an der Saale eine Bleibe fand. Wawerzinek verfolgt dabei den Weg seines ehemaligen Mitstreiters zum Außenseiter, Dichter, Denker und zum Anarchisten.

„BAADERs Aufschrei“ reichte zwar weit über die Stadtgrenzen von Halle hinaus, doch heute scheint es so, als sei er ein Vergessener, einer, den es nicht gegeben hat. Diesem „Desinteresse“ will Peter Wawerzinek, der 2010 teilnehmender Autor beim renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis im österreichischen Klagenfurt war, mit seiner biografischen „Festschrift“ entgegenwirken. Dank des Hasenverlages haben nun die Hallenser die Möglichkeit, etwas über den unbekannten literarischen Sohn ihrer Stadt zu erfahren.

Manfred Orlick

Hasenverlag Halle/Saale 2010, 12,80 €, 128 S., ISBN 978-3-939468-53-0