Das Wave Gotik Treffen auf metallischer Vampirjagd

von 12. April 2010

Ihre Stile sind voneinander so grundverschieden und stehen sich doch in einer Sache so nah: Romantik. Egal ob es die epischen Klänge der Spanier von "Nahemah" sind, oder die erotisch düstere Färbung von den Portugiesen "Moonspell" oder der schroffe Klang der zur melancholischen Hängematte neigenden "Ghost Brigade" aus Finnland.

Wer würde jazzige Saxophone, verträumte Pianotöne und beseelten Pop-Gesang in der metallischen Wohnstube der Rockmusik vermuten? Das, was vor 20 Jahren noch zum musikalischen Aus in der Metalszene geführt hätte, wird heute von vielen Bands offen und freizügig praktiziert. Metal emanzipiert sich von den einengenden Vorurteilen und wendet sich der Musik zu, würde man vielleicht mutmaßen.

Männer dürfen Gefühle zeigen und sie vertonen. Gefühlvolle Harmonien wechseln sich mit heftigen Gewittern ab, besprenkelt mit ganz untypischen Instrumenten.

"Nahemah" aus Spanien ist so eine Gruppe, die den Sprung vom Tellerrand wagt und mit ihrem zuletzt veröffentlichten Album "A New Constellation" beweisen, dass es geht. Das kann aggressiv, laut, anmaßend sowie zugleich einschmeichelnd mit einem zarten Schmelz aus Synthesizern, weichen Klargesang und neblig schnarrenden Saxophon sein. Dabei sind die fühlbaren Wechselbäder aus fiebrigen Schüttelfrost-Klängen aus dem tiefschwarz stampfenden "Black Metal" ebenso möglich, wie in sich verloren wabernde Weiten eines psychedelischen Stücks von "Pink Floyd".

"Nahemah" haben mit ihrem neuen Album eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Metal doch Musik ist und sogar sehr durchdacht sein kann. Die spanische Combo schwebt zwischen Zigarrenrauch geschwängerte Clubluft des Jazz und den eiskaltem Zuschlagen einer Stahltüre. Nämlich die, die man hinter sich zumacht, um neue Perspektiven zu sehen.

Von neuen Perspektiven verstehen die Portugiesen von "Moonspell" bereits seit Jahren viel. Als sie mit ihrem 1995 erschienenem Album "Wolfheart" noch den ultimativen Untergrund-Hit schufen aus verschleierter Vampirromantik und literarischem Anspruch, waren sie mit dem ein Jahr später veröffentlichten "Irreligious" Geburtshelfer des heute so umtriebigen "Gothic Metal". Irgendwo zwischen Opiumpfeife, Absinth und Erotik wirbelte sich das Werk in die Hitparaden.

Der den unterkühlten Nordeuropäern so befremdliche und anziehende Touch der Südländer hat auch sein Übriges dazu beigetragen, dass "Moonspell" schnell erfolgreich wurden. Das Drittwerk "Sin/Pecado" war dann die dicke Kontroverse. Obwohl auch dieses Album mit seinen ruhig dahin plätschernden Stücken seine Freunde fand, kam "Moonspell" einige Zeit später wieder zurück zum metallischen Stoff. Und immer erfolgreich, wie es scheint.

Denn ihr letztes Album "Night Eternal" von 2008 schnellte in Portugal auf Platz 3 der dortigen Charts, in Deutschland immerhin auf den mittigen Platz 62, wo die Band auch mit ihren Vorgängeralben regelmäßiger Gast gewesen war. Die MTV Music Award Gewinner von 2006 als bester portugiesischer Act befinden sich laut Management gerade in der Vorproduktion ihrer nächsten Scheibe. Wann die erscheinen soll, ist noch nicht bekannt.

Noch ganz am Anfang stehen die Finnen der "Geist Brigade". Besagte Truppe war im vergangenen November zusammen mit "Paradise Lost" im Conne Island. Und dort entwickelten sich die damals sogar erkältete "Ghost Brigade" zum Abräumer des Abends. Ihr letztes Album "Isolation Songs" ist in der Szenepresse eines der wichtigsten Veröffentlichungen von 2009 gewesen. "Ghost Brigade" mixen leichtfüßig verschiedene Einflüsse zu einem schwermütigen Gebräu aus langsam kriechenden "Doom Metal", schwerfälligen "Hardcore Punk", melancholischen Balladen und wehmütig klagenden Gesang.

Die drei Gruppen sind also im Mai in Leipzig, zum 19. WGT 2010 live dabei. "Nahemah" und "Ghost Brigade" spielen am 21. Mai, "Moonspell" am 22. Mai.

Mehr Infos wie die komplette Auflistung der auftretenden Gruppen auf der Treffen-Seite
wave-gotik-treffen.de/

(Text: Daniel Thalheim)