DDR-Fernsehserien analysiert

von 12. März 2011

Mit "Weißensee" ging 2010 die erste gesamtdeutsche DDR-Familienserie auf Sendung und wurde zum Quotenhit. Auch im DDR-Fernsehen gehörten Serien über den Familienalltag zu den beliebtesten Sendeformaten. Insgesamt 40 dieser Serien haben Dr. Sebastian Pfau und Dr. Sascha Trültzsch in einer Publikation mit dem Titel "Von den Krügers bis zur Feuerwache: Vademekum der Familienserien des DDR-Fernsehens" analysiert. Das 446-seitige Nachschlagewerk wurde am Department für Medien- und Kommunikationswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) verfasst.

Darin untersuchen die beiden Autoren jede Folge von Serien wie "Geschichten übern Gartenzaun" oder "Zur See" mit Blick auf die darin vermittelten Leitbilder. In den populären Familienserien ließen sich politische Inhalte am besten vermitteln, so die These der Medienwissenschaftler. "Leitbilder waren besser in unterhaltenden Inhalten zu vermitteln als in Propagandasendungen, da Unterhaltung von der Hälfte der Zuschauer gern und freiwillig geschaut wurde, während der Schwarze Kanal auf gerade mal auf etwa fünf Prozent der Zuschauer kam", erläuterte Sebastian Pfau. Die Analyse bestätigte diese These.

In einem Phasenmodell stellt Pfau die Entwicklung der Sendeformate vor politischem Hintergrund dar: Konnte in den ersten beiden Phasen noch experimentiert werden, so folgte ab 1968 eine Phase der Institutionalisierung der Serienproduktionen. Familienserien waren im folgenden Jahrzehnt schließlich stark auf die Erziehung der Zuschauer zu sozialistischen Persönlichkeiten hin angelegt. "In den achtziger Jahren konnte dann mit neuen Themen experimentiert werden", erzählte Pfau, der zu diesem Thema an der MLU promovierte. "Kleinere Missstände konnten zu dieser Zeit im Fernsehen kritisiert werden – zum Beispiel, dass die Wasserpumpen aus dem Westen besser funktionierten."

Zu jeder einzelnen Sendung bietet die Publikation, die im Leipziger Universitätsverlag erschienen ist, eine Inhaltsanalyse nach einem von Trültzsch entwickelten Modell mitsamt Interpretation. Das Buch soll Wissenschaftlern, die sich zukünftig mit dem Genre der Familienserien beschäftigen, als Nachschlagewerk und Begleitbuch dienen. Es entstand als Teil des Forschungsprojekts "Programmgeschichte des DDR-Fernsehens komparativ" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unter Leitung von Prof. Dr. Rüdiger Steinmetz und Prof. Dr. Reinhold Viehoff. Die Familienserien und die entsprechenden Produktionsunterlagen sichteten die Autoren überwiegend im Deutschen Rundfunkarchiv Babelsberg und im Bundesarchiv Berlin Lichterfelde.

Die Autoren: Dr. Sebastian Pfau lehrt und forscht am Department für Medien- und Kommunikationswissenschaften der MLU, wo er studiert und 2008 promoviert hat. Dr. Sascha Trültzsch wurde ebenfalls 2008 an der MLU promoviert und ist seit Ende 2009 Universitätsassistent an der Universität Salzburg.

Sebastian Pfau/ Sascha Trültzsch (unter Mitarbeit von Katja
Kochanowski und Tanja Rüdinger) (2010): Von den Krügers bis
zur Feuerwache. Leipziger Universitätsverlag 2010. MAZ 22,
466 Seiten und 1 Datenbank-CD-Rom, 44 Euro, ISBN
978-3-86583-012-8.