Des Kaisers teurer Schmuck

von 17. April 2011

Kaiserlich geht es derzeit in der Moritzburg in Halle (Saale) zu. Am Samstagnachmittag wurde die Schau “Der Glanz der Macht” im Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt eröffnet. Zu sehen sind mehr als 60 herausragende Einzelstücke mit kostbaren Werken aus der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien.

Eine der Kostbarkeiten: Ein um 1400 aus einem Saphir geschnittener Ring aus dem Besitz Herzog Ernst „des Eisernen“ (1377-1424), der älteste identifizierbare Kleinod aus habsburgischem Besitz. Dazu kommt Hutschmuck mit der Darstellung eines Reiterkampfes nach dem Vorbild Leonardo da Vincis. Ein herausragendes Werk, weniger Schmuckstück als Kleinplastik, das von einem unbekannten Meister geschaffen wurde, dessen künstlerisches Vermögen den Vergleich mit der Arbeit Benvenuto Cellinis nicht scheuen muss.

Viele Stücke sind auch dabei, die heute so nicht mehr hergestellt werden (dürfen). Da ist zum Beispiel das Trinkgefäß aus Rhinozeroshorn, ein Nautiluspokal, in seiner Zeit Symbol des äußersten Luxus. Oder ein Deckelpokal aus einer Kokosnuss und Elfenbeinschnitzereien. Auch Kuriositäten, deren Ausbildung eine besondere Laune der Natur zugrunde lag, wie eine seltene Achatmuschel mit Amethystdruse zeigt die Ausstellung.

Dass diese einzigartige Ausstellung überhaupt in Halle gezeigt werden kann, machen die Umbauarbeiten in der Wiener Kunstkammer möglich. Bis Ende 2012 wird die dortige Schau neu eingerichtet wird. Für die Moritzburg heißt das, hier ist die umfangreichste Kunstkammerausstellung außerhalb Wiens seit vielen Jahren zu sehen. Sie wurde vom Kurator der Kunstkammer im Kunsthistorischen Museum Wien, Mag. Paulus Rainer, erarbeitet, und zuvor im Schmuckmuseum Pforzheim gezeigt. Nach Halle ist sie im Fitzwilliam Museum in Cambridge zu sehen.

Die Moritzburg zu Halle ist dabei als Ausstellungsort für die verschwenderische Prachtentfaltung des Habsburgischen Kaiserhauses geradezu prädestiniert, war auf ihr im frühen 16. Jahrhundert doch eine der prachtvollsten Schatzkammern jener Zeit untergebracht. Denn in der ehemaligen Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg befanden sich einst große Schätze, darunter das so genannte Hallesche Heiltum, die berühmte Reliquiensammlung von Luthers Gegenspieler Kardinal Albrecht von Brandenburg.

Die Bedeutung der Kunstkammer Wien reicht weit über den außerordentlichen künstlerischen Rang des einzelnen Werkes hinaus. So bildet sich in den unterschiedlichen Sammlungsschwerpunkten sowie anhand der gesammelten Objekte selbst auch die Persönlichkeit einzelner Herrscher des Hauses Habsburg ab. Insbesondere der Tiroler Landesfürst Erzherzog Ferdinand II., dessen Sammlung auf Schloss Ambras mit in die Kunstkammer der Habsburger eingeflossen ist, aber auch der eigentliche Initiator, Kaiser Rudolf II in Prag, sowie Kaiserin Maria Theresia in Wien haben ihre individuellen Spuren in Aufbau und Struktur dieses einzigartigen Bestandes hinterlassen.

Dabei lässt sich als durchgehende Konstante feststellen, dass die Sammeltätigkeit der jeweiligen Herrscher immer auch politischen Intentionen folgte und den Herrschaftsanspruch des Kaiserhauses festigen sollte. So untermauerten zum Beispiel die den antiken Cäsarendarstellungen nachempfundenen Porträts von Herrschern aus dem Hause Habsburg mit ihrer Berufung auf das römische Kaiserreich deren dynastischen Anspruch. Auch Kunstkammerstücke, die unter Verwendung exotischer Materialien geschaffen wurden, stehen nicht nur für absolute Exklusivität, sie belegen überdies den weltumspannenden Einfluss der Habsburgischen Dynastien, der es möglich machte, internationale Künstler von höchstem Rang mit der Anfertigung besonderer Pretiosen zu beauftragen. Auch die in die Sammlung integrierten Memorabilien halten die Erinnerung an herausragende Vertreter der Dynastie wach und stellen sie gleichzeitig als historische Vorbilder dar. Aus der Sammlung von Kuriositäten, oft exotischer Herkunft, seltenen Artefakten, wissenschaftlichen Gerätschaften und Kunstwerken entwickelte sich so etwas wie ein künstlerisches Gesamtdenkmal des kaiserlichen Hauses Habsburg.

Geöffnet ist die Schau Dienstag 10 bis 19 Uhr, Mittwoch bis Sonntag und an Feiertagen 10 bis 18 Uhr.

Ein repräsentativer Katalog, in dem alle Ausstellungsstücke ganzseitig abgebildet sind, begleitet die Ausstellung. In diesem Buch werden die neuesten Erkenntnisse, die den aktuellen Wissenschaftsdiskurs widerspiegeln, präsentiert und Aspekte der aktuellen Kunst- bzw. Schatzkammerforschung erörtert.

Paulus Rainer. Glanz der Macht
Kaiserliche Pretiosen aus der Wiener Kunstkammer
Hg. von Sabine Haag, Cornelie Holzach und Katja Schneider,
Mit Beiträgen von Rudolf Distelberger und Thomas Kuster
Leinen mit Schutzumschlag, 224 S., 24 x 28 cm, zahlr. Farbabb., ISBN 978-3-85256-558-3
Im Museumsladen für 29,90 Euro erhältlich