Die Causa Christian Wolff. Ein epochemachender Skandal und seine Hintergründe

von 19. November 2015

Die Ausweisung Christian Wolffs aus Halle durch König Friedrich Wilhelm I. im Herbst des Jahres 1723 zählt zu den bekanntesten Ereignissen in der Geschichte der hallischen Universität. Die Aufarbeitung dieses Skandals durch die Nachwelt hinterließ in der Geschichtsschreibung das Bild zweier verfeindeter Lager, des Pietismus und der Aufklärung. Studierende der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg haben 2015 im Rahmen eines Masterseminars in Kooperation mit den Franckeschen Stiftungen Quellen in Archiv und Bibliothek der Franckeschen Stiftungen, im Universitätsarchiv und in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle recherchiert, mit deren Hilfe sie den Skandal aus verschiedenen Perspektiven betrachten, die gängige Sichtweise hinterfragen und erweitern. In einer Kabinettausstellung unter dem Titel „Die Causa Christian Wolff. Ein epochemachender Skandal und seine Hintergründe“ stellen sie ihre von Prof. Dr. Andreas Pe?ar, Prof. Dr. Holger Zaunstöck und Prof. Dr. Thomas Müller-Bahlke betreuten Forschungsarbeiten einer breiten Öffentlichkeit vor.

Ausgangspunkt der Darstellung des Konflikts ist der inhaltliche Streitgegenstand mit den gegenseitigen Anschuldigungen der Beteiligten, denen Katharina Hänßler und Susanne Stiller nachspürten. So ist in der Ausstellung zu lesen, wie die scharfe Auseinandersetzung der Gelehrten aus dem rein philosophischen Streitgegenstand heraus bald die prinzipielle Frage aufwarf, ob Wolff mit seiner Lehre dem Atheismus Vorschub leiste oder nicht. Berlind Brodthage und Florian Voß zeigen anhand zeitgenössischer Publikationen und Satireschriften, wie der Universitätskonflikt in den Medien der Gelehrtenwelt schnell zu einem bevorzugten Thema wurde. Stefan Bölke und Henrike Großmann stellen in der Ausstellung eine Personengruppe vor, die in Bezug auf die Auseinandersetzung in der Forschung meist nur wenig beachtet wurde: die Studenten der Universität Halle. Den verschiedenen Kommunikationswegen zum König, der zuletzt den Ausweisungsbefehl gab, widmet sich Ronny Edelmann, der geradezu detektivisch der Frage nachgeht, weshalb Friedrich Wilhelm I. sich entschloss, August Hermann Francke in dieser Streitsache zu konsultieren, nicht aber den dafür in der Zentralverwaltung zuständigen Amtsträger, den Oberkurator von Printzen.

So bietet die Ausstellung dem Besucher einen fundierten Einblick in die Vielfalt der Interessen und Geltungsansprüche, die den Universitätskonflikt um Christian Wolff jenseits der weltanschaulichen Überzeugungen befeuerten.

Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation in der Reihe „Kleine Schriften“ im Verlag der Franckeschen Stiftungen. In insgesamt sechs Beiträgen der Studierenden werden die Ausstellungsthemen vertieft.

Die Causa Christian Wolff.

Ein epochemachender Skandal und seine Hintergründe.

Hrsg. von Andreas Pe?ar, Holger Zaunstöck und Thomas Müller-Bahlke. Halle 2015 (Kleine Schriftenreihe der Franckeschen Stiftungen, 15).

115 S., 22 farb. Abb., 7,50 €; ISBN 978-3-939922-48-3