Einblick ins Archiv der Franckeschen Stiftungen

von 2. März 2012

 Das Archiv der Franckeschen Stiftungen ist mit seiner über 300jährigen Geschichte ein Spiegel des schwierigen Aufstiegs, des weltweiten Erfolgs, aber auch des Niedergangs des Halleschen Pietismus. Ende des 17. Jahrhunderts eingerichtet, stammt der überwiegende Teil der bewahrten Dokumente aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Aber auch umfangreiche Sammlungen aus der jüngeren Stiftungsgeschichte gehören zum Bestand. Darüber hinaus verwahrt das Archiv Nachlässe und Deposita von Privatpersonen und Institutionen. Gegenwärtig umfasst der Archivbestand 600 laufende Meter Akten und Handschriften, 3.300 Pläne, 270 Palmblatthandschriften in Tamil und Telugu, 19.500 Bilder, 10.200 Zeitungsausschnitte und 550 Plakate. Entsprechend der Thematik stehen die Führungen durch das Archivmagazin unter dem Thema „Die Franckeschen Stiftungen im 1. Weltkrieg“. Zahlreiche Akten, Zeichnungen, Fotos sowie Feldpostbriefe und -karten werden einen umfassenden Eindruck von den Franckeschen Stiftungen und dem Leben der Menschen in der Zeit zwischen 1914 und 1918 vermitteln. Unter anderem wird die Geschichte des Hauses 43, dessen Räumlichkeiten heute durch das Landesgymnasium Latina August Hermann Francke genutzt werden, beleuchtet. Unmittelbar vor Kriegsbeginn als Oberrealschule erbaut, diente sie anfänglich als Reservelazarett und trug später den Namen des Weltkriegsveterans Generalfeldmarschall August von Mackensen, der von 1865 bis 1868 Schüler in den Franckeschen Stiftungen war. Zusätzlich werden an diesem Tag Führungen durch die aktuelle Kabinettausstellung „Ansichtssache(n). Die Franckeschen Stiftungen auf Ansichtskarten“ angeboten. Am Nachmittag sind speziell die Kleinen eingeladen, das Archiv kennenzulernen und eigene Postkarten aus historischen Stiftungsansichten zu basteln. [i]„Johann Arndts Wahres Christenthum, so in Feuer erhalten worden, die dabey stehenden Bücher aber alle verbrant sind.“[/i]Mit diesen Worten versehen, sandte ein Freund August Hermann Franckes die erhaltenen Überreste Anfang des 18. Jahrhunderts in die Franckeschen Stiftungen. Um die Kraft religiöser Bücher zu demonstrieren, wurden den Stiftungen zahlreiche solcher Exemplare, die ein ähnliches Schicksal erlitten hatten, im Laufe der Jahre übergeben. Neben Johann Arndts Standartwerk des Pietismus erhielten auch dessen „Paradiesgärtlein“ und ein ihm angebundenes „Lüneburgisches Gesangbuch“ einen gebührenden Platz im Schriftenschrank der Kunstund Naturalienkammer, wo sie noch heute aufbewahrt werden. Alle drei Bücher repräsentieren die wichtigsten Gattungen der protestantischen Erbauungsliteratur in der Frühen Neuzeit, nämlich das Gebetbuch, das Andachtsbuch und das Gesangbuch. Zum Tag der Archive können sie bewundert werden. Neben dem Archiv im Studienzentrum steht auch das Historische Waisenhaus den Besuchern offen. Der Eintritt ist an diesem Tag selbstverständlich frei!