Es gab keine vernünftige Alternative

von 8. April 2009

(jul) Zu Beginn des Jahres haben sich die Rahmenbedingungen für die Kultureinrichtungen in Halle (Saale) drastisch verändert. Mit der Gründung der „Theater, Oper und Orchester GmbH“ entstand ein Mehrspartenhaus, das die einzelnen Institutionen (Oper, Staatskapelle, Neues Theater, Puppentheater und Thalia Theater) bündelte, womit eine bessere Abstimmung untereinander und eine Effektivierung der Arbeit erreichen werden sollte. Dabei ging auch die wirtschaftliche Hoheit an die Gesellschaft über, die bei sinkendem Etat vor allem Einsparungen machen muss. Die Ängste waren daher Anfangs groß. Im Zuge der Umstrukturierung fürchteten die 620 Mitarbeiter um ihren Arbeitsplatz und die Vermutung lag nahe, dass einschneidende Kürzungen beim Kulturangebot der Saalestadt folgen würden.

Mittlerweile haben sich jedoch die Wogen nach innen, wie außen geglättet. Wie Rolf Stiska, Gründungsgeschäftsführer der GmbH, betont, „habe es bis jetzt keine betriebsbedingten Kündigungen gegeben und auch das Angebot werde nicht reduziert.“ Nichtsdestotrotz müsse man sparen. Allein das Land verringert die Zuschüsse im nächsten Jahr um 500.000 Euro und folgend um eine weitere Million. Neben den Synergien, die sich aus der Zusammenlegung der Kultureinrichtungen ergeben, müssen daher auch die Mitarbeiter selber zur Kostenbeschränkung beitragen. Ein erster Schritt in dieser Richtung waren die neuen Arbeitsverträge mit dem Ensemble der Staatskapelle, die es erlauben bis zu 20 % weniger Geld, bei gleicher Verringerung der Arbeitszeit auf 80 %, zu zahlen. Das Orchester, das derzeit 150 Mitglieder umfasst, würde damit auf eine absolute Stärke von 120 Musikern kommen, was für Stiska durchaus ein „leistungsfähiges Orchester“ darstellt und zudem für Halle (Saale) auch ausreichend ist.

Denn überhaupt scheint es, als lebte die Saalestadt, was die Kultureinrichtungen anbelangt, zuvor auf zu großem Fuß. „Die Bewegung geht in Richtung Normalzustand“, meint deswegen der Betriebsdirektor der Kulturinsel Ulrich Katzer im Bezug auf die Veränderungen. Eine Einsicht, die anscheinend auch die Belegschaft der fünf Häuser auf kurz oder lang teilte. „Von den 620 Beschäftigten wehrten sich nur fünf bis sechs und zwei von denen sind bereits in Altersrente gegangen“, berichtet Ulrich Katzer, der sich erfreut zeigt, über den doch relativ problemlosen Ablauf und bereits Anzeichen für ein erstarkenden Gemeinschaftsgeist sieht: „Das Spartendenken lässt nach und richtet sich zunehmend auf das Gesamte aus.“

Der Betriebsdirektor der Kulturinsel sieht darin allerdings nicht zuletzt auch eine gewisse Zwangseinstellung, die aus den sowieso drohenden Kürzungen auf dem kulturellen Sektor hervorgeht. „Wir dürfen uns da nicht in die Tasche lügen“, meint Katzer im Bezug auf die Motivation der Mitarbeiter den neuen Bedingungen zuzustimmen, die in Zukunft nicht nur für die Musiker der Staatskapelle neue Arbeitsverträge mit sich bringen könnten. Denn ein wichtiger Grund bei der Einwilligung der Belegschaft ist, dass es schlichtweg „keine vernünftige Alternative zur GmbH“ gab, wie Rolf Stiska sagt.

Indes bleibt eine Personalie weiterhin unklar. Wie Ulrich Katzer berichtet, sei Annegret Hahn, die Intendantin des Thalia Theaters, immer noch ohne Vertrag mit der Kultur GmbH und begleite deswegen ihr Amt solange kommissarisch, bis alle Sachverhalte geklärt seien. „Zuletzt sah es aber positiv aus“, wie Rolf Stiska erklärt, „man sei auf einem guten Weg.“ Inhaltlich ging es bei den Differenzen (HalleForum.de berichtetet) um den Grad der Verantwortlichkeit, den jede Einrichtung nach der Umstrukturierung noch behaupten darf. So sieht die Konzeption der „Theater, Oper und Orchester GmbH“ im Thalia-Theater zum Beispiel den deutlichen Schwerpunkt bei Stücken und Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche, wobei Rolf Stiska betont, dass er keine Projekte verbieten möchte. Nichtsdestotrotz soll inhaltlich fokussierter gearbeitet, Überschneidungen vermieden und so ein sehr flächendeckendes Kulturprogramm angeboten werden. Dieses soll zudem, wie Stiska berichtet, für die Besucher nicht teurer werden. Denn eine Preissteigerung wäre trotz der finanziellen Engpässe „gesellschaftlich derzeit nicht machbar.“