Es wird wieder fröhlich gesungen in Halle

von 5. Mai 2011

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“Liebe und Singen kann man nicht erzwingen”, mit diesem alten Sprichwort eröffnete Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados am Donnerstagabend das 32. Kinderchorfestival. Ausgesucht hat das Stadtoberhaupt den Satz bewusst, schließlich waren die letzten Monate vom Streit um die Trägerschaft des Kinderchors und der Singschule überschattet. Sie hoffe, dass der Gesang zusammenführe und beim Überwinden der Streitereien helfe, sagte Szabados. Die Streitigkeiten sollten nicht das Positive überlagern, mahnte sie an. “Wir sind hier zusammengekommen, um für die Kinder etwas zu tun. Streit bringt niemanden weiter.”

Immerhin ist das laufende Kinderchorfestival nun der Höhepunkt des Streits. Der Kinder- und Jugendchor der Stadt ist nicht dabei. Der Förderverein des Chors und die "Jugendwerkstatt Frohe Zukunft" als Träger kamen nicht überein. Die Zeit sei zu knapp, das umfangreiche Programm einzustudieren, sagte der Förderverein und bot ein Alternativprogramm an. Das wiederum lehnte die Jugendwerkstatt ab. Deren Chef Klaus Roth traut dem angegebenen Grund auch nicht, schließlich habe man ja offenbar Zeit genug, für andere Festivals und Konzertreisen zu proben, sagte er auf Nachfrage.

Nach all den wichtigen Worten war es dann soweit: Musik. Erst wenige Minuten vor Konzertbeginn kam der Sofia Boys Choir an. Und dann ging es gleich zusammen mit den anderen Chören auf die Bühne. Denn eine Tradition durfte natürlich nicht fehlen, das gesungene Festival-Motto “Fröhlich sein und singen”, unter dem das Festival nun seit 32 Jahren läuft. Im Anschluss erklang das erste Auftragswerk des Festivals, bevor der Stadtsingechor als hallescher Chor das Festival eröffnete und die Besucher unter anderem mit der Vogelhochzeit erfreute. Danach musizierten der Kinderchor "Tutti" aus Minsk in Weißrussland und Pueri et Puelle Cantores Plocenses aus Polen. Viel Applaus für ihr kreatives Programm erhielt der Christophorus Kinder- und Jugendchor aus Altensteig. Und zu Westernklängen tanzte die Tanzgruppe Merseburg-Meuschau über die Bühne.

Alles in Allem ein sehr professionelles Programm, dass sich auch die Festival-Erfinder Sabine Bauer und Manfred Wipler nicht entgehen ließen. Zusammen mit Vertretern das Förderverein verfolgten sie das Programm versteckt auf der Empore. Szabados dankte der Jugendwerkstatt für die hervorragende Vorbereitung. Einen Dank schickte sie aber auch an den Stadtrat, der im klammen Haushalt der Stadt Mittel für das Festival freigemacht hatte.

Ein unbekanntes Kapitel verriet die Oberbürgermeisterin noch: Sie sei selbst jahrelang Gastmutter gewesen. In diesem Jahr klappe dies leider nicht. Schuld seien die Städtetags-Sitzungen der vergangenen Tage und eine Taufe in der Familie am Wochenende. Weil ein Chor aus Ungarn, der Heimat ihres Mannes, dabei ist, hätte sie eigentlich gerne wieder ausgeholfen.

Schirmherrin in diesem Jahr ist Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP), die ebenfalls zur Eröffnung gekommen war, obwohl bereits am Freitag ein Termin in Warschau ansteht. Man überwinde mit der Musik Grenzen und Vorurteile in der Welt, sagte Pieper. Kulturpolitik sei ein Beitrag zur Friedenspolitik. Investitionen in Kultur und Bildung seien Investitionen in die Zukunft, so Pieper. Bis Sonntag wartet nun ein buntes Programm auf die Besucher. Dazu gehört auch wieder die traditionelle Singende Meile. Das komplette Programm des Festivals lesen Sie auf Seite 2.

Aber wie geht es jetzt mit der Singschule weiter? Noch in diesem Monat will die Stadtverwaltung dem Stadtrat einen Vorschlag unterbreiten. Es läuft wohl auf eine Fortführung mit der Jugendwerkstatt hinaus, sofern diese überhaupt noch will. Über die Blockadehaltung des Förderverein sei sie schockiert gewesen, erklärte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados auf Nachfrage. Das Vorgehen gerade in Bezug auf eine Teilnahme am Festival verglich sie mit Erpressung. Wie Szabados erläuterte, habe sie bei den damaligen Querelen noch gedacht, das liege an den sehr städtischen Strukturen des Konservatoriums. Aus diesem Grund sei eine Übertragung an die Jugendwerkstatt erfolgt. Übrigens damals vor zweieinhalb Jahren gar nicht so freiwillig wie es nach Außen den Anschein hatte. “Ich musste den Vorstand erst überzeugen”, so Szabados. Doch auch diese Konstellation funktionierte nicht. Liegt es also am Förderverein? Immerhin wollte die Stadt damals schon die Singschule samt Kinderchor an diesen übertragen. Doch der wollte damals nicht. Eine zusätzlich ins Spiel gebrachte Option ist aktuell die Übertragung an die Oper. Doch für Rolf Stiska, Chef der Theater, Oper und Orchester Halle GmbH keine Option. Dort lehnt man eine Übernahme ab.

Jugendwerkstatt oder Förderverein, darüber wird der Stadtrat nun letztendlich entscheiden müssen. Man darf spannende Diskussionen erwarten, haben doch einige Räte berufliche Bindungen an die Jugendwerkstatt oder sitzen dort im Vorstand (das hängt im Übrigen mit den städtischen Anteilen zusammen). Andere wiederum können gut mit Mitgliedern des Fördervereins und machten aus ihren Neigungen in Ausschussdiskussionen keinen Hehl.
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Do, 5. Mai
16 Uhr, Händelhaus: Podiumsgespräch mit Sandra Schwarzhaupt, New York, USA „Zum wahren Künstler ohne Casting-Shows“
15 Uhr, Stadthaus: „Die Geburt eines Liedes“, Workshop mit Ugis Praulins, Lettland
19 Uhr, Konzerthalle Ulrichskirche: Festliches Eröffnungskonzert

Fr, 6. Mai
10 Uhr, Halle und Merseburg: Sonderkonzerte in Altenheimen
10.30 Uhr, Marktplatz, Rathaustreppen: Festivalsonderkonzert
14.30 Uhr, Stadthaus: „Vögel und Fische“, Workshop mit Prof. Jens Marggraf, Deutschland
19 Uhr, Konzerthalle Ulrichskirche: Festivalkonzert
19 Uhr, Johanneskirche: Festivalkonzert
21.30 Uhr, Singschule: Internationales Kinderchorforum mit Empfang der Oberbürgermeisterin, Kontaktbörse für Chorleiter, Chormanager, Pressevertreter, Komponisten, Mitarbeiter des Festivals

Sa, 7. Mai
10 Uhr, Boulevard und Markt: „Die singende Meile“, Festivalumzug aller Chöre mit Blumengruß am Händeldenkmal
11 Uhr, Marktplatz: Open Air Konzert und Fest der Begegnung mit Start der Kranichballons für Japan
15 Uhr, Singschule: Internationales Kinderfest

So, 8. Mai
14.30 Uhr, Oper Halle: Abschlusskonzert „Da steht eine Burg überm Tale“

Alle öffentlichen Veranstaltungen sind kostenfrei, mit Ausnahme des Abschlusskonzertes. Karten gibt es zum Preis von 10 Euro und ermäßigt 7,50 Euro (Halle-Pass, Arbeitsuchende, Studenten, Schüler, Wehrpflichtige). Kinder bis einschließlich 14 Jahren haben freien Eintritt. Tickets gibt es bei der Theaterkasse unter (0345) 5 11 07 77.