Franckens Stiftungen – gezeichnet

von 13. August 2010

Einen historischen Fund konnten die Franckeschen Stiftungen am Freitag präsentieren. Im Rahmen der Jahresausstellung “Gebaute Utopien: Franckes Schulstadt in der Geschichte europäischer Stadtentwürfe” entdeckten Ausstellungskustos Holger Zaunstöck und Waisenhauskustos Claus Veltmann die früheste handschriftliche Planzeichnung der Franckeschen Stiftungen.

Franckes Handschrift kann man zwar auf dem historischen Dokument nicht entdecken, aber wohl die seines engsten und ersten Mitarbeiters Georg Heinrich Neubauer. Er soll die Skizze, auf der schon gut zu erkennen ist, was geplant und später auch ausgeführt wurde, im Jahr 1713 gezeichnet haben. Verwendet worden sei ein hochwertiges Papier für die Federzeichnung, war zu erfahren. Doch trotz alledem hat es über die Jahrhunderte gelitten und musste im Januar zunächst restauriert werden.

Für Holger Zaunstöck hat der Fund einen besonderen Wert. Denn es widerlege die bisherige Annahme, dass die Gesamtanlage der Glauchaschen Anstalten mangels eines Architekten planlos entstanden ist. So sind auf dem 72×55,5cm großen Doppelblatt die Visionen einer Gesamtanlage der Glauchaschen Anstalten zu sehen, wie sie bis heute dank der vollständig erhaltenen Bausubstanz zu erkennen ist. Parallel zum Stadtgraben ist der Lindenhof bereits angelegt und von Francke handschriftlich ausgewiesen als: "vormaliger Garten des Waysenschulhauses, der bisher zum Zimmerplatz gebraucht und zum Theil schon mit Gebäuden besetzt worden." Südlich anliegend vollendet der heutige Schwarze Weg die rechteckige Komposition.

Die Verwirklichung wird auch auf einem Modell aus dem 19. Jahrhundert deutlich, welches den 200 Jahre zuvor entstandenen Plan eindrucksvoll in der Realität wiedergibt. Allerdings: die DDR ist nicht spurlos am Ensemble vorbeigegangen. Das ehemalige königliche Pädagogium hat durch den Bau der Hochstraße einen Seitenflügel verloren, auch die Abtrittanlage – heute sagen wir Toiletten – mussten dem Hochstraßenbau weichen. Dabei ist gerade diese scheinbar unwichtige Teil von einiger Bedeutung, zeigt er doch, dass sich Francke damals Gedanken um die Hygiene machte – als sich dafür noch kaum jemand interessierte. Ein ausgeklügeltes System wurde entworfen. Die Fäkalien fielen in den Stadtgraben, der wiederum wurde alle zwei Wochen geleert und der Inhalt als Dünger auf die Felder gebracht. Davon zeugen heute auch noch einzelne vorhandene Gleise auf dem Stiftungsgelände. Diese dienten dem Fäkalientransport.

Mehr über den historischen Fund, der noch bis zum 3. Oktober in der Jahresausstellung gezeigt wird und danach aus konservatorischen Gründen im Archiv landet, lesen Sie später auf HalleForum.de.