Galerien in Halle – quo vadis?

von 9. April 2009

(ens) Die Galerieszene in Halle (Saale) ist in den letzten Jahren immer mehr gewachsen. Trotz sinkender Zuschüsse locken mittlerweile über 40 Galerien Kunstinteressierte an. Doch nun scheint der “Break Even” erreicht. Die reichhaltige Szene steht vor drastischen Umbrüchen, alteingesessene Galerien stehen vor dem Aus.

Wie ernst die Lage ist, darüber informierten die Betreiber am Mittwoch im Kulturausschuss. Im Mittelpunkt stand dabei vor allem die Förderpolitik der Stadt. Die hat sich in den letzten Jahren immer mehr zurückgezogen, die Förderungen oftmals an die Sparkasse übertragen. Doch das Kreditinstitut zieht sich immer mehr aus der Förderung der Galerien zurück, seit es in der Bernburger Straße eigene Ausstellungsräume betreibt.

Eines der Problemfälle: die Villa Kobe. Im Jahr 2000 fanden hier die ersten Ausstellungen statt. Bis zum Jahr 2006 bekam die Galerie noch rund 12.000 Euro von der Stadt, im Jahr darauf sprang die Sparkasse ein. Seit 2008 aber gibt es kein Geld mehr. In diesem Jahr haben die Ausstellungsmacher einen Antrag bei der Sparkasse auf Förderung in Höhe von 8.000 Euro gestellt. Derzeit trägt Betreiber Michael Kobe den Großteil der jährlichen Kosten von 60.000 Euro. “Ich denke, Herr Kobe kann das auf Dauer nicht mehr durchhalten”, erklärte Jens Göttner vom Kunst Halle e.V. “Wenn wir in diesem Jahr kein Licht am Horizont sehen, werden wir den Ausstellungsbetrieb einschränken.”

Um Gelder von der Stadt buhlt auch die Galerie am Domplatz. Auch hier die gleiche Situation: die Stadt hatte die Förderung an die Sparkasse abgegeben. Und die zahlt nicht mehr. Immerhin bekommt die Galerie in diesem Jahr wieder Gelder von der Stadt. Doch wie es in den nächsten Jahren weitergeht ist unklar. Der Vorschlag von Betreiber Ulrich Zeiner deshalb: der Hallesche Kunstverein soll die Galerie in seine Trägerschaft übernehmen. Das Potential des Halleschen Kunstvereins könnte genutzt werden, so Göttner. Der Verein hat sich jedoch noch nicht dazu positioniert. Derzeit befindet sich die Galerie in Trägerschaft des Berufsverbandes Bildender Künstler. Immer wieder kamen Verdächtigungen auf, die Galerie sei nur dazu da, Fördermittel für den Berufsverband zu besorgen. Deshalb auch der angekündigte Trägerwechsel. Very Barth, 2. Vorsitzender im BBK, hat im Kulturausschuss zudem noch einmal dazu appelliert, die Einrichtung zu erhalten. “Wenn diese Galerie aus dem halleschen Kulturleben verschwindet, fehlt dieser Stadt etwas, was sie unverwechselbar macht.”

Es gibt in der Saalestadt aber auch eine ganze Reihe an Galerien, die keine Förderung von der Stadt bekommen. Archcouture, das Forum für zeitgenössische Keramik, der Raum hellrot, die Galerie “dieschönestadt” und die Ufo-Galerie beispielsweise werden über das Projekt “Rent a gallery” der Kunststiftung finanziert. Doch auch hier ist ein Ende absehbar. Laut Manon Bursian von der Kunststiftung ist das Projekt nur auf zwei Jahre angelegt, die Hälfte davon ist bereits um. Ziel des Projekts ist es, Stipendiaten die Möglichkeit zu geben, ihre Arbeiten auch in Halle zeigen zu können. In den Galerien weiß man um das Problem der Finanzierung und hat sich bereits in Arbeitsgruppen zusammengetan, um über die Zukunft zu beraten. Klar ist: man will weitermachen. Doch wie, das werden die nächsten Monate bringen.

Auf relativ stabilen finanziellen Füßen steht der Kunstverein Talstraße mit seinen 260 Mitgliedern, erhält auch Gelder von der Stadt. 45 Prozent der jährlichen Gesamtaufwendungen von 150.000 Euro kommen aus Mitgliedsbeiträgen und Eigenerwirtschaftungen. Hinzu kommen 30 Prozent durch Zahlungen von Sponsoren aus der Wirtschaft. Dabei weiß man aber noch nicht, wie sich hier die Wirtschaftskrise auswirken wird. 25 Prozent der Gesamtausgaben kommen aus öffentlichen Mitteln. In Zukunft will sich der Verein verstärkt um Mitgliederakquise kümmern, um so die Eigenfinanzierung weiter sicherzustellen. Daneben hegt man hier auf Pläne zum Ausbau, die Stadt hat das Vorhaben sogar ins Förderprogramm für das Konjunkturpaket II aufgenommen.

Keine eigenen Ausstellungsräume hat der Hallesche Kunstverein. Er zeigt seine Ausstellungen vorrangig im Opernhaus. Auch hier ist man von Kürzungen durch die öffentliche Hand betroffen, kann jedoch derzeit auch auf Sponsoren zurückgreifen. Hinzu kommen die Mitgliedsbeiträge, die im Sommer von derzeit 22 Euro im Jahr leicht steigen sollen. Vorsitzender Hans-Georg Sehrt richtete eine Kritik an Stadt und Ausschuss. Im vergangenen Jahr habe er ein Schreiben an die Mitglieder des Kulturausschusses und die Stadtverwaltung geschickt, wo er die finanzielle Problematik noch einmal dargelegt hat. Eine Antwort gab es nicht.

In den nächsten Monaten stehen nun also für die Stadträte schwierige Entscheidungen an, welche Galerie künftig noch gefördert werden soll und welcher zwangsläufig der Todesstoß verpasst wird. Ein schwieriger Abwägungsprozess, bei der auch die “etablierte” Kulturszene Opfer bringen muss. Mathias Weiland (Bündnis 90 / Die Grünen) forderte im Ausschuss, das Gleichgewicht zur Freien Kultur wieder herzustellen. Weil es mit Oper und Theatern Verträge mit dem Land gab, sei vor allem bei der Förderung freier Künstler und Projekte gespart worden. In diesem Zusammenhang kam auch wieder die Forderung nach einem Kulturkonzept für die Stadt, in dem auch die Galerien beachtet werden sollten, so Erwin Bartsch (Die Linke).

In gemeinsamen Gesprächen zwischen dem Verband Bildender Künstler (VBK) und der Stadtverwaltung konnte am Mittwoch eine vorläufige Lösung erzielt werden. So ist ein nachhaltiges Konzept in Aussicht. Die Stadtverwaltung wird deshalb in der kommenden Woche eine weitere Rate zum Fortbestand der Domplatzgalerie überweisen. Die Galerie stand wegen gestrichener Fördermittel durch die Stadt vor dem Aus.

PS: Komplett ohne Fördergelder kommt die "galerie salonfähig" im Wächterhaus aus, muss sich Wirtschaftlich selber tragen. Sie wird von angagierten Mitgliedern des HausHalten Halle e.V. als Galeriegruppe betrieben.