Das Glas ist halb voll oder halb leer, meinte Michael Borgmann, Lan[-]des[-]spre[-]cher der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW) für Sachsen-Anhalt, als einer der Teilnehmer der ges[-]trigen Podiumsdiskussion, die von der Sektion Halle (Saale) der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (GfW) im Rahmen ihrer Winter[-]vor[-]trags[-]reihe ge[-]mein[-]sam mit ihren Kooperationspartnern orga[-]nisiert worden war. Unter der Moderation von Sektionsleiter Ernst W. Speidel sprachen die Re[-]präsen[-]tan[-]ten verschiedener Katastrophenschutzorganisationen über ihre Fähig[-]kei[-]ten und Pro[-]bleme. Die seien im globalen Vergleich bewältigbar, waren sich alle einig, denn beim Ka[-]ta[-]stro[-]phen[-]schutz ge[-]hört Deutsch[-]land zu den oberen zwei Prozent welt[-]weit. Trotz[-]dem gibt es nach übereinstimmender Auffassung der Gäste am Podium und im Saal auch in Halle (Saale) viel zu ver[-]bes[-]sern.
Dass die Schadensszenarien sehr real sind, ging aus dem Kurzvortrag von Eyk Große vom Zivil- und Katastrophenschutz der Stadt hervor. Er erinnerte unter anderem an ei[-]nen Großbrand von 1993, drei Hochwasser 1994, 2003 und 2011, einen Gebirgs[-]schlag 1996, einen Kirchenbrand im Jahr 2000 und einen Bombenfund im letzten Okto[-]ber. Die Stadt sei jedoch auf derartige Situationen vorbereitet: In ei[-]nem Kata[-]stro[-]phenschutzplan, einer Gefährdungsanalyse sowie Sonderschutzdoku[-]menten sei fest[-]gelegt, was jeweils wer dabei zu tun habe, Fachberater im Rathaus und in au[-]ßer[-]städtischen Institutionen wirkten mit jeweils spezifischen Aufgaben zu[-]sammen und koordinierten bei Bedarf die Einsatzkräfte. Entwicklungsmöglichkeiten, räumte Große ein, gäbe es jedoch bei Personalstärken und Ausbildung.
Dieser Einschätzung zustimmend, hielten es THW-Landessprecher Michael Borg[-]mann und Marco Bohrer (stellvertretender THW-Ortsbeauftragter) für schwie[-]rig, bei Katastrophen und Großschadensfällen im Inland auf Anforderung 12.000 Hel[-]fer in[-]nerhalb einer vorge[-]gebenen Zeit zu stellen, wie es die Zielvorgabe ihrer Or[-]ga[-]nisation vorsähe. Die Per[-]sonaldecke sei knapp geworden, zumal seit der Struk[-]tur[-]re[-]form der Bundeswehr mit Aussetzung der Wehrpflicht.
Maik Scharf, Geschäftsführer des Arbeiter-Samariter-Bundes Halle (Saale), der im Rahmen des Katastrophenschutzes (ähnlich wie der von René Herlitz vertretene Malteserhilfsdienst) bei der Versorgung von Verletzten und dem Transport mit[-]wirkt, verwies auf ähnliche Sachlagen wie bei den Kollegen vom Deutschen Roten Kreuz. Dessen Vertreter Andreas Hoffmann, Zugführer des örtlichen Be[-]treu[-]ungs[-]zu[-]ges, benannte sie ausführlicher: Die Finanzierung sei unübersichtlich, da sie aus vie[-]len Quellen komme. Das führe dazu, dass der Bund die Mittel zurück[-]fah[-]re, das Land zwar Vorschriften mache, aber nicht sage, woher das Geld kommen solle, die Stadt je[-]doch nach Haushaltslage entscheide und das bei rückläufiger Spen[-]den[-]bereitschaft. Dazu kommen Nachwuchsprobleme, auch hier besonders seit der Struk[-]turreform der Bundeswehr. Die erste Frage vieler Freiwilliger sei häufig: Was kriege ich an Geld?
Ebenfalls auf ehrenamtliche Kräfte an[-]gewiesen ist Schirrmeister Schmidt vom Was[-]ser[-]rettungszug der örtlichen Deutschen Lebensret[-]tungsgesellschaft (DLRG), die Ret[-]tungsschwimmer, -bootsführer und -taucher sowie Leichensuchhunde zur Ver[-]fü[-]gung stellt. Er sprach von einer sehr dünnen Nabelschnur, was die Finanzen be[-]trifft. Bisher habe zwar die Stadt den Verein nach ihren Möglichkeiten gut ausge[-]stattet, doch sei es schwierig und eher unwahrscheinlich, auch nur das Gleiche wie im Vorjahr zu erhalten.
Besonders aktiv versucht die Freiwillige Feuerwehr nach Aussage ihres Stadtwehr[-]leiters Ziems das Nachwuchsproblem in den Griff zu bekommen: In der Kinderfeuer[-]wehr werden schon Sechsjährige betreut und dadurch an künftige Aufgaben heran[-]geführt. Finanzielle, aber auch strukturelle Engpässe blieben trotzdem nicht aus: Be[-]sonders die Freistellung der Feuerwehrleute durch die Arbeitgeber lasse zu wün[-]schen übrig. Hier fehle möglicherweise eine gesetzliche Regelung. Dass aber gerade im Bereich des Brandschutzes großer Bedarf an Technik und Personal besteht, be[-]stätigte André Halko von der Berufsfeuerwehr der Stadt: In der Leitstelle gehen täglich 800 Anrufe ein, es gibt im Schnitt zwei Brände pro Tag.
Spannend könnte es werden, wie die Polizei, die sich neben ihren anderen Auf[-]ga[-]ben auch an der Gefah[-]renabwehr beteiligt, künftig mit Notrufen umgehen wird. Ab dem 20. März landen nämlich solche Anrufe in einer zen[-]tralen Annahmestelle, erklärte Kriminaldirektor Ralf Klingler von der Polizeidirek[-]tion Sachsen-Anhalt Süd: Wie sich das bewährt, bleibt abzuwarten.
Der im Publikum anwesende Stadtrat Werner Misch (CDU) bedauerte in der ab[-]schließenden allgemeinen Diskussion, dass die Arbeit der ehrenamtlichen Katastro[-]phenhelfer in der Öffentlichkeit gar nicht richtig wahrgenommen werde. So wür[-]den den DLRG-Mitgliedern die Benutzungsgebühren in den städtischen Bädern nicht ersetzt. Die Vertreter am Podium stimmten dem zwar zu, betonten aber auch, dass Schwierigkeiten ein Ansporn für kreative Lösungsansätze seien. So gebe es zum Beispiel bei der DLRG interessante Benefitangebote, und Halle (Saale) sei nach wie vor gut aufgestellt: Gerade errangen Mitglieder dieses Vereins ei[-]nen dritten Platz bei der Weltmeisterschaft der Rettungsschwimmer in Australien.