“Goethe und die Universität zu Halle”

von 15. April 2010

"Versäumen Sie ja nicht, sich in Halle umzusehen, wozu Sie so manchen Anlass finden werden", schrieb Goethe im Jahr 1803 an Schiller. Er stand ganz unter dem Eindruck der wissenschaftlichen und künstlerischen Vielfalt in der Saalestadt, aus der sich rege Beziehungen des Dichters zu Halle und insbesondere Kontakte zur Universität entwickelt hatten. Diesem Thema widmet sich erneut – nach der großen Goethe-Ausstellung zum 250. Geburtstag des Dichters (1999) – eine Sonderausstellung der Zentralen Kustodie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). Sie wird im Universitätsmuseum vom 25. April bis zum 6. Juni 2010 gezeigt.

"Anlass für diese Exposition ist die Jahrestagung der Vorstände der Ortsvereinigungen der Goethe-Gesellschaft e. V.", sagt Universitätskustos Dr. Ralf-Torsten Speler. Präsentiert werden Exponate aus dem Besitz der halleschen Universität, die von Goethes vielfältigen Beziehungen zu Gelehrten, Instituten und akademischen Sammlungen zeugen. Er interessierte sich für Einrichtungen, die bis zum heutigen Tage besondere Anziehungskraft auf Besucher ausüben, darunter das Kupferstichkabinett, das Museum für Haustierkunde "Julius Kühn" oder auch der Botanische Garten. Nicht zuletzt gehörten die Anatomischen, die Zoologischen und die Archäologischen Sammlungen dazu. Aber auch zum ersten deutschen Philologischen Institut pflegte Goethe Kontakte.

"Zahlreiche zum Teil noch nicht ausgestellte Gemälde, wie ein Porträt des Großherzogs Carl August, Ansichten von Goethes Wohnhaus am Frauenplan oder eine Landschaftsdarstellung des Harzes stammen aus der Kunstsammlung der Universität", so Speler. Zu sehen ist auch eine besondere Kuriosität aus der Haustiersammlung, nämlich das Skelett eines dreihörnigen Ziegenbocks. Es befand sich ursprünglich in der Tierarzneischule Jena, um die sich Goethe fürsorglich kümmerte. Es ist belegt, dass der Großherzog Carl Alexander als junger Prinz auf ihm geritten ist.

Goethes Vogelskelettsammlung wurde in den 1970er Jahren nach Halle gebracht und wissenschaftlich bearbeitet. Aus der Phonetischen Sammlung werden ein altes Grammophon und historische Schallplatten mit bemerkenswerten Aufnahmen aus "Faust", "Prometheus" und "Götz von Berlichingen", gesprochen um 1920 von Heinrich George, gezeigt. An einer Hörstation kann der Besucher diese Beispiele abrufen. Der umfangreichste Bestand an Büchern und Autographen zur Goethe-Zeit insbesondere aus dem Nachlass des halleschen Goethe-Sammlers und Forschers Prof. Dr. Günther Schmid, stammt aus den Sondersammlungen der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt.

Goethe und der Theologe August Hermann Niemeyer, Rektor und späterer Kanzler der halleschen Universität, besuchten sich häufig in Weimar und Halle. Im Juli 1802 vermittelten Wolf und Niemeyer ein Zusammentreffen Goethes mit den Naturwissenschaftlern Georg Simon Klügel und Ludwig Wilhelm Gilbert, deren physikalischen Versuche er verfolgte. Weitere hallesche Gelehrte wie die Theologen Friedrich Schleiermacher und August Tholuck, der Naturphilosoph Henrik Steffens, Mediziner wie Franz Joseph Gall, Justus Christian von Loder, Johann Friedrich und Philipp Friedrich Meckel sowie Johann Christian Reil standen mit Goethe im wissenschaftlichen Austausch.

Die Exposition wird am 23. April um 18 Uhr in der Aula im Löwengebäude eröffnet. MLU-Rektor Prof. Dr. Wulf Diepenbrock wird ein Grußwort halten. Die Einführung in die Ausstellung gibt Dr. Ralf-Torsten Speler, und zu einem Rundgang lädt anschließend Prof. em. Dr. Hans-Joachim Kertscher, Vorsitzender der Ortsvereinigung der Goethe-Gesellschaft e. V., ein. Für die musikalische Umrahmung sorgen Olivia Saragosa (Mezzosopran) und Maria Leontjewa (Klavier) mit Liedern von Johann Friedrich Reichardt nach Texten von Johann Wolfgang von Goethe.