Händel, weichgespült

von 22. Februar 2009

Am Freitag und Samstag wurde im Steintor-Variete in Halle (Saale) das Händel-Musical "Memento Mori" gezeigt. Ein HalleForum.de-Leser war dabei. Seine Eindrücke können hier nachgelesen werden:

Händel wurde 1685 in Halle geboren, kehrte aber schon als Jugendlicher seiner Geburtsstadt den Rücken und ward dort nie mehr gesehen. Am Samstagabend konnte man im Steintor Variete erfahren, woran das gelegen haben könnte.

Dass man aus der barocken Musik Händels ein Musical kreieren möchte, ist ja an für sich kein abwegiger Gedanke. Schließlich überlebte die unsterbliche Musik des „il Sazzone“ schon die ein oder andere Übertragung in die Moderne.

„Memento mori“ – man befindet sich ja schließlich im Variete – ist eigentlich eher eine Revue von einzelnen locker aneinander gereihten Gesangsdarbietungen (Eva Maria Pickert und Angelika Weiz, unterstützt von den Halle Voices und der Grete-Weiser-Band) verbunden durch eine fiktive Liebesgeschichte zwischen Händels Diener Leo (Mario Rühl) und einer „Prinzessin Alouette von Lothringen“ (Santina Maria Schrader), die aber eigentlich viel mehr auf Händel als auf dessen Domestiken steht. Als Pausenclowns im Wortsinne agieren die zwei Pantomimen von „Le Piep“.

Die Handlung, wenn man diese so nennen darf, hangelt sich an Lebensstationen Händels und Anekdoten aus seinem Leben entlang, die sich etwa an dem orientieren, was man durch biographische Studien anhand von Zuckertütenbeschriftungen über Händel herausfinden konnte: Geburt in Halle, irgendwann mal Italien, irgendwann mal England, irgendwann mal tot. Der Meister selbst tritt aber nicht in Erscheinen, was man im Nachhinein als pietätvollen Akt verstehen möchte: Platte Dialoge, dümmliche Witze und eine banale Geschichte wurden auch durch eine uninspirierte Darbietung nicht besser, für die sogar selbst jedes ländliche Schülertheater von deren eigenen Eltern ausgebuht worden wäre.

Erträglicher war da schon die musikalisch weichgespülten Arien dazwischen, angesiedelt zwischen Pop, Gospel und Fahrstuhlmusik. Stimmlich zwar solide vorgetragen von Pieckert und Weiz, erinnerten die zwei aber auch immer wieder leicht an den Musikantenstadel. Man erwartete eigentlich ständig, Florian Silbereisen plötzlich hinter den spärlichen Kulissen in den überreichlich quellenden Trockeneisnebel hervorspringen zu sehen.

Im Hintergrund hüpften dazu choreographisch leicht unterfordert die zugegeben opulent kostümierten Tänzer der „Energy Dancers“ herum, die verzweifelt zwischen Riverdance, Cancan und Diskofox hin- und herwechselten, was die Ballettschuhe so hergaben, im ständigen Bemühen, nicht im allzu Seichten zu ertrinken.

Einen kleinen Lichtblick boten da eigentlich nur die beiden Berliner Pantomimen, die kleine lebendige Bilder passend zur „Handlung“ darboten, die das Stück aber letztlich auch nicht mehr retten konnten.

Warum derartige Unterhaltung immer wieder in Halle ankommt ist ein bislang ungelöstes soziologisches Rätsel. Der Altersdurchschnitt des Publikums war allerdings auch schon im höheren zweistelligen Bereich angesiedelt. Und wer in seiner Jugend die Puhdys ertragen konnte, dem kann man mit Klassik vermutlich auch nur in einer homöopathischen Dosierung eingepackt in Zuckerglobuli kommen.

„Memento mori“ – „Gedenke dass Du sterblich bist“ – dass alles bald vorbei sein könnte ist nach einem solchen Abend ein fast tröstlicher Gedanke. Halleluja!
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