Halles kulturelle Lei(d)(t)linien

von 7. Mai 2012

 Seit anderthalb Jahren wird im Kulturausschuss über die Kulturpolitischen Leitlinien diskutiert, ein Ende ist nicht absehbar. Zuvor war das Papier von der Stadtverwaltung im stillen Kämmerlein erarbeitet worden.  Konstruktives kam in den bisherigen Debatten größtenteils nicht rum. Die meisten geladenen Kunstschaffenden nutzten das Podium, um sich selbst darzustellen.  Doch es gab einige Ausnahmen. So mach Kunstinteressierte der Stadt hat sich mit dem Papier auseinandergesetzt. Das Fazit ist verheerend. Betrachter kommen zum Eindruck: wer sich richtig mit dem Papier befasst hat, lehnt es ab. Die Krone setzt dem Ganzen jetzt ein Brief des freien Theaters Apron auf. Die Theatermacher kritisieren die Unterstützungspolitik der Stadt. Fördermittel habe man letztmalig 1996 von der Stadt erhalten. Zwischendurch habe es man mal probiert, vor allem nach Anregung des Kulturausschusses, heißt es in dem Schreiben. Lange hörte man nichts von der Stadt, auch nicht auf Nachfrage. Deshalb habe man sich anderweitig um Finanzierung gekümmert. „Dann, anderthalb Jahre nach Antragstellung und nachdem wir inoffiziell erfahren hatten, dass im Kulturausschuss der Stadt für unser Theaterprojekt gestimmt worden war und mittlerweile drei Monate nach Beendigung des Projektes erhielten wir erstmals eine schriftliche Nachricht des Kulturbüros, indem die Förderung des Projektes mit der Begründung abgelehnt wurde, es habe ja bereits stattgefunden“, schreiben die Apron-Theatermacher in ihrem Brief. „Es sei wie es sei, nachdem uns klar wurde, dass die Kulturförderer der Stadt Halle offensichtlich bestrebt sind, unsere Bemühungen um Kultur eher zu behindern als zu fördern, sind wir nicht motiviert, kostenlos Zeit und geistige Kräfte in die Verbesserung der kulturpolitischen Leitlinien der Stadt Halle zu investieren und diese in ehrenamtlicher Tätigkeit als fachliche Stellungnahme abzugeben.“ Während Apron also keine Stellungnahme abgeben will, haben das einige andere Persönlichkeiten getan. HalleForum.de hat die Sitzungen der letzten Monate begleitet. Da wäre zum Beispiel Thomas Müller-Bahlke, Direktor der Franckeschen Stiftungen getan. „Diffus“ nannte er die Präambel der Leitlinien, wenig konzise und als Einstieg wenig geeignet. Die Fassung wirke noch unfertig, so Müller Bahlke. Er sagte, „die kulturpolitischen Leitlinien sollten die gesamte kulturelle Landschaft in Halle in den Blick nehmen. „ Derzeit würden sie sich zu sehr auf die Kultureinrichtungen in städtischer Trägerschaft konzentrieren oder auf Einrichtungen, die von der Stadt finanziert werden. „Dadurch kommt es zu Verzerrungen in Bezug auf Darstellung der tatsächlichen Kulturlandschaft.“ Die Fokussierung auf das Thema Musik werde nach Angaben Müller-Bahlkes der kulturellen Vielfalt Halles nicht gerecht.   „Diese Vorgehensweise blendet zahlreiche andere kulturelle Potentiale in der Stadt aus.“ Er sprach sich zudem für eine Gleichberechtigung der kulturellen Bereiche aus. Müller-Bahlke erklärte zudem, das Verhältnis zwischen städtischen und anderen Museen in der Halle müsse sich uneingeschränkt kooperativ gestalten.   Ähnlich äußerte sich auch Alfred Reichenberger vom Landesmuseum für Vorgeschichte. Die städtischen Museen und die Sammlungen anderer Träger sehe er als einen Verbund an. Wichtig sei die Vernetzung der Einrichtungen untereinander.  Kritik an den Leitlinien übte zudem Roman Pliske vom Mitteldeutschen Verlag, der in dem Papier unter anderem die Literatur vermisste und kritisierte, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht.