Hier wird nicht diskutiert!

von 31. Oktober 2010

Wie heißt es doch so schön in einem alten Kirchenlied?

Lasset die Kindlein kommen zu mir,
spricht Gottes Sohn,
sie sind mein Freud und Wonne,
ich bin ihr Schild und Kron;
auch für die Kinderlein,
daß sie nicht wärn verloren,
bin ich ein Kind geboren,
drum sie mein eigen sein.

Wenn aber die Kindlein wirklich kommen… Und sie kamen. Ins Hallesche Stadthaus, platzten lautstark und kraftvoll in eine Stadtratssitzung und protestierten! Sie protestierten mit Thalia-Rufen gegen die Schließung ihres Theaters! Unerhört! Rebellion! Aufstand! Widerstand! Die können doch noch nicht mal richtig deutsch. Jedenfalls nicht das Deutsch der Behörden, Ämter und Politiker. Die wissen einfach noch nicht, warum eine Oberbürgermeisterin immer nur Zahlen aufsagt, wenn es um Leben in der Stadt geht. Die denken noch, das Leben ist schön! Und hier gibt’s Demokratie!

Das jedenfalls hat ihnen Harald Bartl, Pfarrer und Vorsitzender des Halleschen Stadtrats, an jenem Tage mal so richtig ausgetrieben.

„Wir haben alles gehört. Sie werden an dieser Stelle einfach nur missbraucht. Glaubt es mir. (Buh-Rufe) Und wenn ihr meint, dass das eurem Anliegen nützt, so wie ihr jetzt hier auftretet… Wir haben eure Meinung deutlich gehört. Ich bitte jetzt den Raum zu verlassen.“ Dann Schritt die Polizei, unser aller Freund und Helfer, ein und fegte die Bagage aus dem Saal. Wie sonst hätte denn auch die Sitzung ihren geschäftsgeordneten Verlauf nehmen können. Bürger dürfen Fragen stellen, bekommen dann eine Antwort, die keine ist und haben gefälligst die Schnauze zu halten. Pardon, es ist ihr demokratisches Recht zu schweigen, wenn die da Oben reden. Die Bundesregierung fragt schließlich auch nicht krebskranke Kinder in Biblis, ob Laufzeiten der AKWs verlängert werden oder nicht.

Nun wissen wir ja, dass Religion das elende Bewusstsein von elenden Verhältnissen ist. Und Harald Bartl ist Religionsexperte. Er kennt sich aus und hält auch schon mal Radio Corax für eine linksradikale Vereinigung. Er ist ein Dschihadist des Guten, vielleicht der kommende Hallesche Sarazzin.

Als Peter Sodann aus dem neuen theater verabschiedet wurde, sagte Harald Bartl die tröstenden Worte: „Alles hat seine Zeit…“ Darauf Sodann: „Ja, ja, nur ich hab keene.“

Währendessen hat in Halle das Lichterfest begonnen, die Polizei sucht einen Tankbetrüger und die nördliche Mansfelder Straße ist wieder frei.

Friedrich Ohnzorn