Ich bin doch nicht verrückt, Frau Doktor

von 22. April 2009

Am Donnerstag, 23. April 2009 um 19.30 Uhr stellt in der Galerie am Domplatz in Halle (Saale) Kurt Wünsch sein Buch „Ich bin doch nicht verrückt, Frau Doktor“, Anlass für die Buchpremiere des satirischen Romans ist der UNESCO-Welttag des Buches.

Seit einem Jahr lag eine Anzeige gegen Martin Held vor wegen angeblicher Vergewaltigung. Zunächst sah der fröhliche und gutmütige Ostdeutsche das als totalen Schwachsinn an, bis er vor einem Staatsanwalt Platz nehmen musste. Das Gespräch lief nicht gut für den Angeklagten. Er sollte beschreiben, wie er eine gewisse Ilona Tressin in ihrer Wohnung vergewaltigt hat.

Wenig später musste er in Untersuchungshaft, weil angeblich die Gefahr einer „nachträglichen Täterschaft“ bestand und das bereits vor der Eröffnung des Verfahrens. Da war Schluss mit lustig, obwohl sich Martin Held unschuldig fühlte.

Nun wurde in seiner Vergangenheit herumgestochert. Früher arbeitete er bei der Deutschen Bahn als Konstrukteur und nach der Wende verkaufte er plötzlich Damenunterwäsche. Was für eine Karriere: vom Ingenieur für Verkehrswesen zum Dessousverkäufer. Vor ein paar Jahren verließ ihn seine Frau zusammen mit der damals 19jährigen Tochter. Über eine Zeitungsannonce lernt er dann Ilona Tressin kennen. Jetzt drohen ihm fünf Jahre Knast, aber vorher will ihn noch die psychologische Gutachterin sehen.

Gleich zum ersten Gespräch empfängt er Frau Dr. Viola Fest mit der Feststellung: „Hören Sie zu, Frau Doktor, damit wir uns verstehen, ich bin nicht verrückt!“ Die schon ältere Nerventante lässt jedoch nicht locker, sie will in Held’s Kleinkinderzeit vordringen, in der sich ihrer Ansicht nach fast alles entschieden hat. Und da findet sie den Schlüssel zu seinen jetzigen Untaten: Die Zeit in der DDR-Kinderkrippe „Pittiplatsch“ hat seine frühkindliche Entwicklung nachhaltig negativ geprägt. Vor allem das zwanghafte Sitzen auf dem Töpfchen.

Woher weiß die Gute das? Sie hatte selbst das zweifelhafte Vergnügen. War dieses Kollektivsyndrom wirklich die Ursache dafür, dass Martin Held eine Frau vergewaltigt hat? Oder hat er das überhaupt nicht getan und ging nur einer Erpresserin auf den Leim? Doch dann kommt das Urteil: Drei Jahre ohne Bewährung und wegen verminderter Schuldfähigkeit die sofortige Einlieferung in eine psychiatrische Klinik. Also ab zur psychischen Rehabilitation in die Schwarzwald-Klinik „Waldesruh“, wo schon ein sogenanntes Therapieprogramm auf ihn wartet. Das hat Martin Held nun vom gemeinsamen Topfsitzen in der sozialistischen Krabbelstube.

Kurt Wünsch, der im Mitteldeutschen Verlag bereits zahlreiche Bücher, vom Jugendbuch bis zur Regionalsage, veröffentlicht hat, erzählt in seinem neuen satirischen Roman eine haarsträubende Geschichte, die jedoch so spannend und humorvoll ist, dass sie mit ihren menschlichen Schicksalen auch ein gehöriges Stück Realität der Nachwendezeit präsentiert.

Manfred Orlick

Kurt Wünsch

„Ich bin doch nicht verrückt, Frau Doktor“

Mitteldeutscher Verlag Halle 2009, 9,90 €, 192 S., ISBN 978-3-89812-606-9