Lieber nackt als in Lumpen

von 14. November 2010

Der modebesessene Kaiser Bunsolin braucht ständig neue Kleider. Die Vagabunden Zwick und Zwack nutzen dies für ihre Zwecke aus. Sie geben sich als Universalgelehrte aus, die einen neuen Stoff kreiert haben. Die Besonderheit des Stoffes läge darin, dass ihn nur Intelligente sehen können. Natürlich geben in der Folge nicht nur die Angestellten des Kaisers vor den Stoff zu sehen, sondern auch der Kaiser selbst. Keiner will als dumm gelten. Zwick und Zwack türmen noch vor Entdeckung des Schwindels mit ihrem hohen Lohn.

Die Geschichte um Scheinheiligkeit und Hochstapelei basiert auf dem Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ von Hans Christian Andersen. In den 1950er Jahren komponierte Rudolf Hindemith, der Bruder Paul Hindemiths, unter dem Pseudonym Hans Lofer die passende Oper dazu. Elke Heidenreich modernisierte den Text, Marc-Aurel Floros die Musik.

Die Komposition kommt sehr facettenreich, unkonventionell und teilweise ironisch daher. Sie wechselt von musicalhaft anmutenden Szenen zu arhythmischen Takten, die an Neue Musik erinnern. Syllabischer Gesang ist genauso zu hören wie mehrstimmige Chorpassagen. Das dürfte allerdings die offenohrigen Kinder kaum gestört haben. Schwieriger ist da schon die Besetzung von Ki-Hyun Park als Kaiser Bunsolin zu bewerten, den man aufgrund seines starken Akzents leider kaum verstanden hat. Dadurch war die Geschichte nicht immer völlig nachvollziehbar.

Marie Friedericke Schröder als Ehefrau des Premierministers glänzte dafür umso mehr. Ihr witziger Charme ist kaum zu überbieten. In einer Badewanne liegend, Schokoküsse essend, bemitleidet sie sich und ihr langweiliges Leben. Anschließend liegt sie heulend auf dem Boden, um ihren Mann zu überzeugen etwas von besagtem Stoff zu klauen. Wenig später stolziert sie nackt über die Bühne in der Gewissheit sie trage das schönste je gesehene Kleid.

Die vielen anwesenden Kinder kamen deshalb aus dem Lachen kaum heraus. Zu Staunen gab es auch viel. Mittels einer Drehbühne wechselte die Kulisse vom Fitnessraum zum Nähstübchen, vom Badezimmer zum Laufsteg. Auch die extravaganten Kostüme sorgten für Aufmerksamkeit. So trat beispielsweise der trendige Kaiser mit einer überdimensional langen, türkisen Schleppe auf. Für Kostüme und Bühne ist hiermit Jens Kilian zu loben.

Alle, die Kinder im familienoperfähigen Alter haben, sollten die Oper anschauen – solange es überhaupt noch Kultur für Kinder gibt. Auch für Erwachsene bietet des „Kaisers neue Kleider“ Denkanstöße für das Leben in der heutigen Gesellschaft und ist deshalb durchaus sehenswert.

Vorstellungen: 14. Dezember 9.30 und 11.15 Uhr, 19. Dezember 11 und 15 Uhr.