Open-Air-Theater auf dem Uni-Platz

von 20. Juni 2009

(jug) Die Geschichte ist die vom Aufeinandertreffen jugendlicher Ideale mit der Realität. Die Architektin Franziska Linkerhand kommt mit Träumen und Idealen auf die Baustelle Neustadt. Grün, einladend, großzügig und hell soll sie werden, die neue Stadt, die in den 1960er Jahren entsteht. Architektur ist für sie Berufung, hier sieht sie ihre Möglichkeit, die Welt zu verändern. Die neue Zeit bedeutet aber auch, dass Rollenmodelle, als Mann, als Frau, in der Gesellschaft neu definiert werden. Die junge Frau sucht ihren Platz in der Gesellschaft, hat ideale Vorstellungen und Lebensentwürfe, auch in der Liebe. Franziska Linkerhand will die Norm aufbrechen, gegen die Tristesse kämpfen – in der Architektur, wie im Leben. Doch die Ideale der Franziska Linkerhand scheitern an der Realität: Auf dem Bau kämpft sie vergebens gegen den Stumpfsinn an. Und ihre große Liebe zu Ben endet in verletzendem Verrat. Die Hoffnung, die für sie im Aufbau einer neuen Arbeiterstadt lag, zerschlägt sich inmitten von Verdruss, Suizid und Gewalt.

Brigitte Reimanns 1974 erschienener Roman FRANZISKA LINKERHAND zählt, obgleich nicht vollendet und bei Erscheinen stark zensiert, zu den wichtigsten Romanen der Literatur der DDR und gilt als Identifikationstext für eine ganze Generation. 1998 erschien erstmals eine ungekürzte Fassung des Romans im Berliner Aufbau Verlag, fast zeitgleich mit den Tagebüchern „Ich bedaure nichts. Tagebücher 1955-1963“ (1997) und „Alles schmeckt nach Abschied. Tagebücher 1964-1970“ (1998).

Regisseurin Katka Schroth hat im Auftrag des Thalia Theater Halle eine neue Bühnenfassung des Romans von 1974 erstellt, die auf dem Universitätsplatz in Halle (Saale) erstmals vorgestellt wird.

Das Ensemble um Melina von Gagern (Franziska Linkerhand) spielt diesen Stoff mit viel Kraft und Witz. Das Stück unterhält das Publikum, das 2h 45 min in der Kälte ausharrt zweifelsohne, doch die Inszenierung von Katka Schroth schafft es auch die leisen und nachdenklichen Töne zu treffen. „Franziska Linkerhand“ ist ein Stück über das Ende der Jugend, den schweren und manchmal vergeblichen Weg zu sich selbst, über Verzweiflung und Tot über den Kontext des Sozialismus hinaus. Das Stück schafft es manchmal laut, manchmal leise diese Themen und Emotionen zu transportieren. Das Publikum lässt sich „einfangen“. Das liegt zum einem an den komplexen Charakteren, der Überzeugenden Leistung der Schauspieler , aber auch an der Atmosphäre die an diesem Abend auf dem Universitätsplatz herrscht. Die spielenden sind dem Publikum sehr nah, binden es ein, lassen es teilhaben. Das Publikum honoriert das mit kräftigen Applaus und beendet so die gelungene Premiere.

Weitere Vorstellungen:
20.,24.,25.,26. und 27. Juni
1.,2.,4.,8.,9.,10 und 11. Juli
jeweils um 21.00 Uhr