Wer kennt ihn nicht – den Struwwelpeter, die Titelfigur des gleichnamigen Kinderbuches des Frankfurter Arztes Heinrich Hoffmann aus dem Jahre 1845. Mit seinen humorvollen Figuren, z. B. dem Suppenkaspar, dem Zappel-Philipp, Paulinchen oder Hans-Guck-in-die-Luft, gehört es zu den erfolgreichsten deutschen Kinderbüchern.
Inzwischen liegt der Struwwelpeter in der 542. (!) Auflage vor. Außerdem wurde er in viele Sprachen und Dialekte übersetzt. Von ihm soll es nicht weniger als 27 (!) deutsche Mundarten geben. Da wurde es höchste Zeit, dass es den Struwwelpeter endlich auch uff hallsch gibt, schließlich schloss Heinrich Hoffmann 1833 sein Medizinstudium in der Saalestadt mit einer Promotion ab.
Rüdiger Rohse, der vor Jahren bereits Max und Moritz von Wilhelm Busch in die hallische Mundart übersetzte, hat nun den Original-Struwwelpeter zum Struwwlgägger umfunktioniert. Mit Witz und Fantasie macht der Autor aus dem zündelnden Paulinchen das gwarzende Garlinchen, aus dem Daumenlutscher den Doomnuutscher und aus dem Zappel-Philipp den Giwwlfilipp. Dabei verwendet der Autor häufig Bezüge zu seiner Heimatstadt oder verteilt Seitenhiebe auf die Stadtoberen. Auch so manche Modeerscheinung nimmt er gern auf die Schippe, so wird aus dem bösen Friederich bei Rohse dr Hulligänn Ben, schließlich heißt ja heute jeder zweite Junge Ben.
Für einen Nicht-Hallenser erschließen sich die Verse bei der reinen Lektüre allerdings nur schwer. Das echte Hallsch ist eben eine Mundart, die man hören und weniger lesen sollte. Selbst der Rezensent (immerhin seit etlichen Jahrzehnten Hallunke) hatte es nicht immer leicht. Aber mit dem Originaltext im Hinterkopf erschloss sich dann doch der unverwechselbare Humor des hallischen Dialekts. Ein schönes Bändchen mit herrlich deftigen Anspielungen für regionale Freunde und "Fremdgänger".
Manfred Orlick
Mitteldeutscher Verlag Halle 2011, 7,90 , 64 S., ISBN 978-3-89812-755-4