Slowenen holen den Improkal

von 5. Dezember 2010

Das Interesse am Improvisationstheater wächst. Auch in Halle (Saale) – hier nicht zuletzt dank Kaltstart und ihrem Theaterfestival “Impronale”. Das fand in dieser Woche zum mittlerweile achten Mal statt. Nach drei spannenden Abenden hatte am Samstag das Publikum das Sagen und bugsierte Kolektiv Narobov auf den ersten Platz. Die Improgruppe aus Slowenien kann damit den wie immer einmaligen Improkal mit nach Hause nehmen. Jan Laurig hatte die Skulptur gestaltet, die in diesem Jahr unter anderem aus Fahrradketten und einer Gabel bestand. So einen Pokal hat nicht jeder in seinem Schrank.

Für die Siegergruppe war es nicht der erste Besuch in Halle. Schon vor drei Jahren waren Sonja Vilcy und Maja Lopajne aus Ljubljana Gast bei der Impronale. Mit „Call“ präsentierten sie in diesem Jahr eine neue publikumswirksame Form des Improvisationstheaters. Von der Decke des Puppentheaters herunterhängende slowenische Telefonbücher wurden zu Impulsgebern noch unentdeckter Lebensläufe. Szenisch gekonnte Darstellung wächst in eine zweite Ebene der unausgesprochenen und doch präsenten menschlichen Beziehungen und Alltagsmomente.

Mit ausverkauften Vorstellungen und ausgebuchten Workshops setzt sich für die Veranstalter vom Halleschen Improvisationstheater Kaltstart die Erfolgsstory des Festivals fort. „Die Stadt und die Impronale gehören mittlerweile zusammen. Es passt einfach hier in Halle“, so die Initiatorin Franka Söll. Eine Ansicht, der sich Tobias Kogge als Beigeordneter der Stadt Halle am Eröffnungsabend gern anschloss. Das Gemisch im Reagenzglas Improvisation gehe auf, Experimentieren sei gewollt.

Eiskalte Anreisebedingungen auf deutschen Straßen hielten die Spieler vom Inédit Théâtre aus Strasbourg (Frankreich) davon ab, wie angekündigt in der Auftaktvorstellung ihre Improform „Moon‘s Pocket – Die Tasche des Mondes" – zu spielen. Improvisation ist alles und so schoben die Veranstalter spontan Samstagnacht eine letzte Spätvorstellung ins Festivalprogramm. Marko Mayerl und Matthieu Loos setzten dem Festival noch einmal einen Höhepunkt, das Publikum dankte es mit vollem Saal im halleschen Zazie, das neben dem Beatles-Museum zur zweiten Spielortentdeckung für die Veranstalter wurde. Das Ensemble Quicksilver Production trat ungewollt den lebendigen Beweis an, dass man 28 Stunden von Belgien bis nach Halle reisen kann, dabei sein Kostümgepäck verliert- Lufthansa sei Dank – und trotz allem gut gelaunt großartiges Improtheater spielt.

Auch wenn im achten Jahr seines Bestehens die Finanzierung des Festivals nicht leichter wurde, freuen sich die Veranstalter über den qualitativen Sprung und die internationalen wie erfahrenen Gäste. Darunter die Workshopleiterin Camilla Persson aus Schweden, Yann van den Branden aus Belgien, Shawn Kinley aus Kanada sowie Jürgen List, Isolde Fischer, Wiebke Wimmer und Markus Glossner aus Deutschland. Für letzteren schlug das Publikum spontan einen musikalischen Bühnenpreis vor. Souverän fand Markus Glossner am Piano zu allen Vorstellungen den guten und passenden Ton.

Verbal fand diesen Moderatorin Verena Lohner (Hamburger Impro-Theater "Steife Brise"); unterstrich ihn mit einem schier unerschöpflichen Kostümfundus und gab so jeder Vorstellung noch einmal eine individuelle, geistreiche wie optische Note.

Mit einer abschließenden Werkschau der Workshopergebnisse endete Sonntagvormittag die 8. Impronale und katapultierte die Veranstalter und Helfer nach kurzer Pause in eine neue Zeit: der Vorbereitung für die Impronale 2011.