Stein oder nicht Stein?

von 27. April 2010

Der Autor Marius von Mayenburg zeichnet in seinem Drama „Der Stein“ ein Familienporträt dreier Frauen. Tochter, Mutter und Oma ziehen kurz nach der Wende in das Haus, in dem Großmutter Witha zur Zeit des Dritten Reiches mit ihrem Mann gelebt hat und in dem ihre gemeinsame Tochter in den ersten Jahren aufwuchs. An dem Haus hängen Geschichten und hier ist Geschichte geschehen. Durch Rückblicke in Szenen aus der Vergangenheit der Frauen, löst sich das Konstrukt der für heilig gehaltenen Familiengeschichte auf.

Die Bühne ist das Wohnzimmer des besagten Hauses. Die Einrichtung stammt aus den 30er Jahren mit Grammophon, Klavier und Kanapee. Zentrales Möbelstück ist ein großer Holztisch. Hier sitzen, tanzen, essen, reden und jagen die Figuren. Witha versteckt sich hier mit ihrem Mann vor den Bomben der Alliierten. Sie versteckt sich vor ihrer Schuld.

Der besondere Charme des Stücks entsteht durch das Schlüpfen der Personen in verschiedene Zeiten. Von jetzt auf gleich befinden wir uns in den 70er Jahren, dann wieder am Ende des Zweiten Weltkrieges oder kurz vor dem Mauerbau. Dies ohne Kostüm- oder Bühnenbildwechsel. Herausragend geschmeidig gelingt dies Natascha Mamier in der Rolle der Witha. Mal tritt sie als tattrige und wirre Greisin in der Gegenwart auf, mal als selbstbewusste und elegante Ehefrau und Mutter.

„Der Stein“ zeigt wie sehr sich Lügenkonstrukte auf nachfolgende Generationen auswirken können. Wie sehr Geschichte dazu beitragen kann Konstrukte aufzudecken, aber auch zu schüren. Und: Wie sehr Menschen ihre Vergangenheit ohne bemerkbare Schuldgefühle verdrängen können.

Die nächste Vorstellung ist am Donnerstag, den 29. April.