Der Nachbar ist mal wieder genervt vom Geigespielen? Dafür gibt es ja die Stumme Violine. Ohne Töne Klavier zu üben geht mit dem "Ochydactyl", dem Handhalter. Er dient mechanischen Fingerübungen. Diese und weitere Übungsinstrumente zeigt die neue Schatzkammerausstellung im Händelhaus in Halle (Saale).
FLEISSMASCHINEN. Übungsapparate im Zeitalter des Virtuosentums wurde am Freitagabend eröffnet und ist noch bis zum 2. Januar 2011 zu sehen. In den beiden Räumen der Schatzkammer sind wertvolle und kuriose Zeugnisse der weitreichenden Erneuerungen des Instrumentenbaus und der Übungsmethoden des 19. Jahrhunderts ausgestellt. Die Schau widmet sich dabei auch den herausragenden und hochgefeierten Klaviervirtuosen jener Zeit und besonders spannend mechanischen Übungsapparaten, die den Musikern helfen soll(t)en, ihren Körper zu beherrschen und ihre Technik zu verbessern, um Brillanz und Virtuosität zu erreichen.
Manche Leidensgeschichte gibt es dabei zu erzählen. Besonders prominent ist jene von Robert Schumann, der vergeblich gegen die Unbeweglichkeit seines Mittel- und Zeigefingers der rechten Hand kämpfte und am Ende seine Virtuosenlaufbahn ganz aufgeben musste. In der Schatzkammer des Händel-Hauses können Besucher nun Robert Schumanns Tagebuch, das Leipziger Lebensbuch II, im Original besichtigen (Leihgabe des Schumann-Hauses in Zwickau), in dem er unter anderem auch sein Leiden beklagte. Ebenso das ärztliche Gutachten, in dem Robert Schumann bescheinigt wird, dass er sein Handleiden durch den Gebrauch einer Maschine verschlimmert hat, ist in der neuen Schatzkammerausstellung zu sehen (Leihgabe des Stadtarchivs Leipzig). Für die Nachwelt war es eher Glück, dass Schumann nicht Klavier spielen konnte, meinte Händelhaus-Stiftungsdirektor Clemens Birnbaum. So hat er komponiert und bleibendes für die Nachwelt geschaffen.
Nicht nur für Klavierspieler wurden Übungsapparate wie die Cigarrenmechanik (die Robert Schumann verwendete), das ausgestellte Ochydactyl (von Georges Retif, Frankreich um 1925) oder die stumme Klaviatur (aus der Pianofortefabrik von Wilhelm Gertz, Hannover um 1950) entwickelt. Auch Spieler von Saiteninstrumenten konnten und können auf verschiedene mechanische Hilfsmittel zur Verbesserung ihrer Fähigkeiten und Technik zurückgreifen. So sind im Händel-Haus u. a. auch stumme Violinen (von Johannes Robert Adler, Markneukirchen um 1950 sowie eine von vermutlich Bohuslav Lantner, Prag um 1870) und ein stummes Violoncello (Markneukirchen, 1. Hälfte 20. Jahrhundert) zu bestaunen. Hier darf sich der Besucher sogar selbst ausprobieren. Seine schiefen Töne hört er dann über Kopfhörer.