Uni wollte die Moritzburg

von 3. Dezember 2011

Die Moritzburg, die in ihren wesentlichen Teilen zwischen 1484 und 1517 von dem Magdeburger Erzbischof Ernst von Wettin und später von Kardinal Albrecht von Brandenburg erbaut wurde, diente nie als "Festes Schloss" gegen äußere Feinde, wie es sonst üblich war, sondern war ein gewaltiges Bollwerk gegen die Stadt. Die Magdeburger Erzbischöfe wollten damit gegenüber den halleschen Bürgern ihre Macht demonstrieren. Sie war „das gewaltigste Grabmonument über der erdrosselten Freiheit der Stadt“. Im Dreißigjährigen Krieg brannte die Vierflügelanlage aus und die Schweden sprengten den südwestlichen Pulverturm. Danach verfiel die Burg zunehmend, bis im 19. Jahrhundert der preußische Staat Eigentümer wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtete man im Südflügel einen Museumsneubau, der ja vor wenigen Jahren wesentlich erweitert wurde.

Der bekannte Kunsthistoriker Dieter Dolgner beleuchtet in seinem neuen Buch „Die Moritzburg in Halle“ einen interessanten Aspekt der wechselvollen Geschichte der Moritzburg. Anfang des 19. Jahrhunderts, die Moritzburg war längst zur Ruine verkommen, bemühte sich die hallische Universität um das Bauwerk. Durch die Zusammenlegung mit Wittenberg litt die Vereinte Friedrichs-Universität unter akutem Platzmangel. Außerdem wollte der preußische Staat das mittelalterliche Baudenkmal erhalten.

So erarbeitete der preußische Oberbaudirektor Karl Friedrich Schinkel 1829 einen Entwurf zur Nutzung der Moritzburg für die hallische Alma Mater aus. Detailliert und faktenreich untersucht Dolgner das grandiose Projekt und belegt an zahlreichen Dokumenten und Unterlagen die Geschichte, Beschreibung und Wertung des Vorhabens. Er schildert auch andere Pläne zum Umbau der Moritzburg und die unterschiedlichen Entscheidungsprozesse zwischen preußischer Krone, Verwaltung, Oberbaudirektion und Universität. Letztendlich nahm der preußische Staat 1852 das Bauwerk wieder in Besitz.

Am Ende wurden jedoch die Pläne ad acta gelegt, denn die geplante universitäre Funktionstüchtigkeit verlangte einen intakten, modernen Bau und keine Denkmalpflege. Stattdessen wurde ein Neubau umgesetzt, den wir heute als „Löwengebäude“ am Universitätsplatz bewundern können.

„Die Moritzburg in Halle“ ist ein wichtiger Beitrag zur hallischen Stadtgeschichte, der nicht nur die Geschichte der Moritzburg abhandelt, sondern auch architektur- und kunstgeschichtliche Entwicklungen in der Universitätsstadt Halle skizziert.

Dieter Dolgner: „Die Moritzburg in Halle“, Mitteldeutscher Verlag Halle 2011, 24,00 €, 272 S., ISBN 978-3-89812-858-2

(Manfred Orlick)