“Weltpremiere” bei Pompeji-Ausstellung in Halle

von 6. Dezember 2011

Der gewaltige Vulkanausbruch des Vesuvs nahe der italienischen Stadt Neapel begrub im Jahr 79 nach Christus in wenigen Stunden die Städte Pompeji und Herculaneum unter einer meterhohen Schicht aus Asche, Bimsstein und Schlamm. Mit der Freilegung der Orte wurde im 18. Jahrhundert begonnen. Die Vulkanschicht hatte Gebäude, Straßen und die Überreste der Bewohner über Jahrtausende in einzigartiger Qualität konserviert.

Unter dem Titel «Pompeji, Nola, Herculaneum – Katastrophen am Vesuv» zeigt Sachsen-Anhalts neue Landesausstellung in Halle von diesem Freitag an auch Funde, die bislang noch nie öffentlich präsentiert wurden. «Pompeji-Ausstellungen gab es schon viele, aber diese ist sehr außergewöhnlich», meint Landesarchäologe Harald Meller mit Blick auf die Bedeutung sowie An- und Einordnung der Stücke.

Auf 1200 Quadratmetern werden rund 700 Exponate aus Deutschland und Italien aus dem Alltagsleben der Menschen am Fuße des Vesuvs der letzten 3900 Jahren gezeigt. Dazu gehören zwei Papyrusrollen aus der Privatbibliothek von Konsul Lucius Calpurnius Piso, Schwiegervater von Julius Caesar (100 bis 44 vor Christus). Diese sind laut Meller in Halle als «Weltpremiere» zu sehen.

«Die beiden Papyrusrollen gehören zu einem Konvolut von etwa 1100 teilweise verkohlten Papyrusrollen und Fragmenten, die zwischen 1752 und 1754 aus der "Villa dei Papiri" in Herculaneum geborgen wurden. Bis heute ist nur ein Teil der Rollen wieder lesbar gemacht worden», sagt Ausstellungsleiter Esau Dozio. Bei den mehr als 2000 Jahre alten Texten handelt es sich demnach zu einem großen Teil um Schriften des griechischen Philosophen Philodemos (etwa 110 bis 40 vor Christus). Alle Papyrusrollen werden im Archiv der Nationalbibliothek von Neapel aufbewahrt.

«Die Menschen bekommen in der Ausstellung eine reale Vorstellung, wie reiche Römer in ihren Häusern gelebt haben», erläutert Dozio. Die Bedeutung der römischen Lebensweise für Nordeuropa zeigt sich in dem ebenfalls erstmals ausgestellten Goldschatz aus dem germanischen Prunkgrab von Profen (Burgenlandkreis).

Bereits in der Bronzezeit vor 3900 und 3000 Jahren wurden in Italien die Dörfer Nola und Poggiomarino, nur wenige Kilometer von Pompeji entfernt, von der Vulkanasche des Vesuvs verschüttet. Die meisten Menschen konnten sich zwar rechtzeitig retten, mussten aber ihre Habseligkeiten zurücklassen.

In der Ausstellung sind die Fußabdrücke der einstigen Nola-Bewohner und Alltagsgegenstände aus Poggiomarino zu sehen. Die prähistorischen Dörfer werden seit einigen Jahren ausgegraben. «Solche ähnlichen Siedlungen hat es zur Zeit der Himmelsscheibe auch in Mitteldeutschland gegeben», erklärt Meller. Im Landesmuseum ist die rund 3600 Jahre alte «Himmelsscheibe von Nebra» ausgestellt.

Zuletzt brach der 1281 Meter hohe Vesuv am Golf von Neapel am 22. März 1944 aus. In der Ausstellung können Besucher einen Film sehen, den amerikanische Reporter von dem Ereignis drehten.

Die Landesschau ist bis zum 8. Juni 2012 zu sehen. Die Ausstellung ist ein deutsch-italienisches Kooperationsprojekt. Erst vor einem Monat war in Naumburg (Burgenlandkreis) Sachsen-Anhalts vorherige Landesausstellung zu Ende gegangen. Knapp 195 000 Besucher hatten sich laut Kultusministerium seit Ende Juni die Schau angesehen – sie war dem bis heute unbekannten Schöpfer der berühmten Stifterfiguren im Naumburger Dom und seiner Werktruppe gewidmet.
(Thomas Schöne, dpa)