Wer ist Reil?

von 2. April 2009

An vielen Stellen in Halle (Saale) ist der Name “Reil” präsent. Sei es der Reilsberg, die Reil-Sekundarschule, Reileck und Reilstraße oder der Reilshof. Namen, mit denen auch die Hallenser etwas anfangen können. Doch Namensgeber Johann Christian Reil selbst ist den wenigsten Hallensern bekannt. Absurde Antworten brachte eine Straßenumfrage hervor, die der Landesheimatbund hatte erstellen lassen und dessen Ergebnisse am Donnerstag im Stadthaus zum Auftakt von “Halle liest” gezeigt wurden. Reileck schoss es den meisten gleich in den Kopf. Auf die Frage nach der Person Reil tippten viele auf einen Fabrikanten, selbst die Erforschung von Kohlevorkommen soll ihn berühmt gemacht haben.

Wissenslücken, die nun im 250. Geburtsjahr Reils ausgeräumt werden sollen. Ein Jahr lang wird sich nun die Aktion “Halle liest” mit den Werken von Johann Christian Reil beschäftigen. “Der 250. Geburtstag ist ein würdiger Anlass, sich mit Reil zu beschäftigen”, erklärte Halles Kulturreferentin Ursula Wohlfeld zum Auftakt. “Reil wird uns in diesem Jahr erheitern und ermuntern.” Wohlfeld äußerte die Hoffnung, dass die Hallenser am Jahresende dann deutlich mehr über Reil wissen.

Denn Reil, der am 20.2.1759 in Rhaude/Ostfriesland auf die Welt kam und von 1787 bis 1810 als Professor in Halle tätig war und in Berlin die Charite mitbegründete, hat in der Saalestadt und auch darüber hinaus zahlreiche Spuren hinterlassen. Eine Kuranstalt lies er am Saaleufer gegenüber der Moritzburg bauen, beinahe wäre Halle sogar auf Betreiben Reils hin sogar Kurstadt geworden, hätte sich “Bad Halle” nennen dürfen. Kleinhirnschenkel, Insel, Balkenstrahlung und Brückenhaube sind Begriffe, die für Mediziner Alltag sind und dessen Bezeichnungen auf Reil zurückgehen, wie Professor Stephan Zierz in seinem Festvortrag erläuterte. Zierz ging auf einige wichtige Punkte aus Reils Schaffen ein. Da wäre die Forderung, Lazarette von der Gefangenname in Kriegen auszunehmen, “Irrenanstalten” in Anstalten für heilbare und unheilbar “Geistesgestörte” zu trennen.

Reil soll dem Vernehmen nach der Leibarzt des Dichters Johann Wolfgang Goethe gewesen sein. Etwas übertrieben, findet Zierz. Zweimal sei Goethe auf der Durchreise bei Reil gewesen. “Da müsste ich heute viele Leibärzte in ganze Deutschland haben”, befand Zierz. Prominenter Patient war aber auch Wilhelm Grimm. Und der schwärmte von Reil, wie aus Briefen an seinen Bruder hervorgeht.

Doch was hat ein Mediziner mit einer Leseaktion zu tun? Geschrieben hat Reil einiges, vor allem medizinische Fachliteratur. Material, das wohl für eine Leseaktion schwer verdaulich sein dürfte. Seine “Rhapsodien über die Anwendung der psychischen Curmethoden auf Geisteszerrüttungen” sind da hingegen schon leichte Koste, stehe noch Rhapsodie für leichte Unterhaltung, wie Initiatorin Ingeborg von Lips erläuterte. 2009 ehrt Halle des Johann Christian Reil zum 250. Geburtstag durch ein Porträt aus „Literaturbausteinen“. Zahlreiche Vorträge, Lesungen und ein Lese-Buch rund um Reil vervollständigen das Jahresprogramm.