Besondere Bedürfnisse älterer Patienten mit Krebserkrankungen im Fokus von Behandlung und Nachsorge

von 8. Dezember 2016

Die PIVOG-Studie unter Federführung von Dr. Heike Schmidt vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften der Medizinischen Fakultät Halle und Prof. Dr. Dirk Vordermark, Direktor der Klinik für Strahlentherapie am Universitätsklinikum Halle (Saale) hat daher die Machbarkeit und den potentiellen Nutzen eines interdisziplinären Versorgungs- und Behandlungskonzeptes wissenschaftlich untersucht. PIVOG steht für patientenzentriertes interdisziplinäres Behandlungs- und Versorgungskonzept für onkologisch-geriatrische Patienten. Nun liegen erste Ergebnisse vor.

An der Studie hatten 100 Männer und Frauen teilgenommen, die durchschnittlich 76 Jahre alt waren. Besonders die Themen Ernährung, Mobilität sowie Versorgung und soziale Situation bereiteten mehr als der Hälfte der Patienten schwere Probleme. Knapp der Hälfte bereitete Niedergeschlagenheit schwere Probleme. Rund 90 Prozent der teilnehmenden Patienten hatten hingegen keine oder mäßige Probleme mit der Kognition, also mit der Wahrnehmung oder geistiger Leistungsfähigkeit.

Analysiert wurden die Risikobereiche wie Ernährung (z.B. ungewollter Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit) und Mobilität, aber auch die psychische Verfassung, um eventuell nötigen Unterstützungsbedarf zu identifizieren. „Dabei hat sich bei den Übungen mit unserer Physiotherapeutin gezeigt, dass sich Patienten sowohl über- als auch unterschätzt haben, was ihre körperliche Leistungsfähigkeit anbetraf“, sagt Schmidt.

Für die Behandlungsplanung ist auch berücksichtigt worden, welche Prioritäten die Patienten gesetzt hatten. „Besonders ging es da um die Gewichtung hinsichtlich Lebensqualität versus Lebensverlängerung“, so Vordermark. Bei der Befragung im Rahmen von PIVOG lag die Heilung, also der Erfolg der Behandlung, bei beiden Geschlechtern vor allen anderen Präferenzen wie Lebensverlängerung, Alltagsfunktion oder Lebensqualität.

Der Nutzen der Kombination einer onkologisch-geriatrischen Untersuchung mit der Beantwortung von Fragen zur Lebensqualität seitens der Patienten (patientenberichtete Lebensqualität), der Einbeziehung des Hausarztes sowie der telefonischen Nachsorge für sechs Monate nach der Entlassung aus der stationären Behandlung sei in dieser Form noch nicht wissenschaftlich untersucht worden, so Schmidt und Vordermark.

Insbesondere die telefonische Nachsorge über sechs Monate, die anfangs einmal pro Woche, dann alle zwei Wochen und schließlich im vierwöchigen Abstand erfolgte, sei als sinnvoll wahrgenommen worden, so Schmidt. „Die Telefonate basierten auf den jeweiligen Patiententagebüchern. Die Patienten wurden entsprechend ihrer Beschwerden von einer geschulten Fachpflegekraftberaten und angeleitet“, sagt sie. Es brauche aber in vielerlei Hinsicht noch weitere Studien und Forschung, um zu identifizieren, wie eine bessere Versorgung älterer Patienten mit Krebs- und anderen Erkrankungen sinnvoll gewährleistet werden kann.

Die PIVOG-Studie knüpfte an eine Studie von Prof. Vordermark an, in der es um die Lebensqualität von Krebspatienten ab 80 Jahre ging. Dabei hatte sich gezeigt, dass sechs Monate nach der Behandlung vor allem die Sorge um die Zukunft sowie die Last der Krankheit und die Verschlechterung familiärer Unterstützung die größten Einflussfaktoren auf die Lebensqualität der Patienten waren. Auch die physische Verfassung und soziale Rollenfunktion hatten sich gegenüber dem Zeitraum vor der Behandlung deutlich verschlechtert.