Sauerstoffversorgung eines Tumors entscheidet über Erfolg der Therapie

von 17. August 2017

„Tumoren sind eher schlecht mit Sauerstoff versorgt. Das hat Auswirkungen auf den Erfolg einer Bestrahlung, denn es geht eine Art Strahlenresistenz damit einher“, erklärt Professor Dr. Dirk Vordermark. Der Direktor des Departments für Strahlenmedizin und der Klinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums Halle (Saale) wird auf der Jahrestagung der Fachgesellschaft „International Society on Oxygen Transport to Tissue (ISOTT)“ vor internationalen Experten darüber sprechen, wie sich das im Klinikalltag auswirkt. Die Tagung findet vom 19. bis 23. August im Löwengebäude der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg statt. Der Vortrag bildet eine Art Bindeglied zwischen der eher grundlagenorientierten Forschung der weiteren Referenten und der Anwendung in der Praxis.

In den 90er Jahren sei erforscht worden, dass es sich mit Tumorgewebe so verhalte, dass dessen Sauerstoffversorgung mit dem Ergebnis – das heißt Erfolg oder Misserfolg – der Behandlung zu tun habe, erklärt Vordermark. An dieser Forschung sei auch Halle maßgeblich beteiligt gewesen. „Bei einer Bestrahlung wird bewusst und gewollt die DNS in Tumorzellen geschädigt. Wenig Sauerstoff führt aber dazu, dass diese Schäden repariert werden und solche Tumoren tendenziell mehr streuen, während Sauerstoff an den Schäden bindet und das verhindert“, so der Strahlenmediziner.

Deswegen sei ein Ziel der Forschung, herauszufinden, welche Methode die beste sei, um den Sauerstoffgehalt des Gewebes zu ermitteln. „Sogenannte Hypoxie-Marker gewinnen zunehmend an Bedeutung. Das sind Proteine, die den Sauerstoffmangel anzeigen. Und es gilt herauszufinden, ob es vielleicht auch im Blut solche Proteine gibt“, sagt Vordermark, der selbst seit 15 Jahren zu diesen Fragestellungen forscht.

Eine Möglichkeit, die man früher häufiger nutzte, aber die auch Nachteile birgt, ist ein Aufenthalt in der sogenannten HBO-Kammer, einer Überdruckkammer, vor der eigentlichen Bestrahlung. Hier werden die Patienten maximal mit Sauerstoff versorgt. Allerdings trifft das dann für den gesamten Körper zu und die gesunden Zellen werden ebenfalls strahlenempfindlicher. Daher setze man eher auf die Variante der Oxygenierung unter Normalbedingungen.

Aber auch die Sauerstoffunterversorgung selbst wird zunehmend in den Fokus gerückt, denn was bisher als Nachteil galt, könnte auch ein Vorteil sein. „Die niedrige Sauerstoffversorgung ist sozusagen ein Alleinstellungsmerkmal eines Tumors und daher wäre dieser Ansatz für eine tumorgerichtete Therapie denkbar“, sagt Vordermark. Man habe drei verschiedene sogenannte „Hypoxie-Signaturen“, das heißt genetische Muster, identifiziert, die am stärksten anzeigen können, ob die Sauerstoffversorgung gut oder schlecht ist. Zusammen mit Wissenschaftlern der Klinik für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie habe man anhand von 118 Gewebeproben von Mundhöhlenkarzinomen herausgefunden, dass ein bestimmtes Gen namens P4HA1 in allen drei Mustern eine Rolle spielt. „Dabei handelt es sich also um einen unabhängigen Prognosefaktor. Ist der Wert niedrig bedeutet das eine gute Prognose und die Überlebenschancen sind deutlich besser“, sagt Vordermark, der alle diese Themenbereiche in seinem Vortrag anschneiden wird.

Der Vortrag wird am 20. August von 8.30 bis 9.15 Uhr in englischer Sprache von Prof. Dr. Dirk Vordermark gehalten. Der Vortrag ist Teil des Programms der „ISOTT-Jahrestagung“ (19.-23. August 2017 in Halle). Medienvertreter sind herzlich zur Berichterstattung eingeladen. Weitere Informationen zur Tagung unter: https://isott2017.org.