Friede-Glocke zum Glockenstuhl gebracht

von 13. Oktober 2021

Dort ist der Glockenstuhl für die kleinen und mittleren Glocken. Hier wird die Friede-Glocke ihren Platz finden. Dafür müssen nun in den nächsten Wochen noch Umbauarbeiten stattfinden, damit zwischen den Glocken genügend Platz für die neue Glocke ist.

Zum Reformationstag am 31. Oktober 2021 soll sie dann erstmals läuten.

Hintergrundinformationen zur Glocke

Die acht Läuteglocken sowie die zwei Uhrschlagglocken des Merseburger Doms bilden eines der bedeutendsten historischen Geläute in Deutschland. Es handelt sich um ein klanglich bemerkenswertes Ensemble von unverwechselbarem Reiz. Die Vielzahl an mittelalterlichen Glocken ist in der Region einmalig. Doch der ursprüngliche Glockenbestand war einst größer: Drei Glocken sind den Wirren der Geschichte zum Opfer gefallen. Nun wird das historische Glockengeläut des Merseburger Doms durch eine neue Glocke ergänzt und entlastet werden.

Die neue Glocke wird sowohl eine klangliche Lücke schließen als auch das historische Geläut entlasten. Sie hat einen Durchmesser von 1108 mm und ein Gewicht von ca. 890 kg. Ihr Ton ist das eingestrichene G (g‘). Der Ton wurde so gewählt, dass sie sich harmonisch zu den beiden Großglocken des Merseburger Doms (Benedicta in es‘ und Clinsa in f‘) fügt. Sie besteht aus einer Kupfer-Zinn-Legierung. Von den historischen Glocken des Merseburger Doms wurde im Vorfeld bereits eine Materialprobe genommen, um die genaue Zusammensetzung der historischen Glocken zu bestimmen. In Zukunft soll die Glocke dreimal am Tag läuten und so maßgeblich zu einer Entlastung der historischen Glocken beitragen.

Die Glocke ziert ein Vers aus Friedrich Schillers „Lied von der Glocke“: „Friede sei ihr erst Geläute“. Auch die Hauptheiligen des Merseburger Doms, Laurentius und Johannes der Täufer, sind auf der Glocke abgebildet. Als Vorbild für die Darstellung der beiden Heiligen diente ein Siegelstempel aus dem frühen 13.Jahrhundert, der bis ins 18. Jahrhundert vom Merseburger Domkapitel genutzt wurde.

Bei der Herstellung der neuen Glocke trifft Tradition auf Moderne. Als Vorbild dient die Glocke Maria aus der Wenzelskirche in Naumburg, die 1518 von dem Freiberger Gießer Martin Hilliger gegossen wurde. Der Klang dieser Glocke fügt sich besonders gut in die Klänge der vorhandenen Domglocken ein. Die Glockendynastie der Hilliger goss von der ersten Hälfte des 15. bis zum 18. Jahrhundert in Freiberg Glocken. In Anlehnung an diese Glockendynastie gründete sich im Jahr 2014 der Hilliger e. V. in Freiberg. Über die Vermittlung des Vereins konnten die Vereinigten Domstifter das Sächsische Metallwerk Freiberg als Auftragnehmer für den Guss der neuen Glocke gewinnen.

Der Hilliger e. V. Freiberg hat für das Glockengussverfahren moderne Techniken verwandt, die das traditionelle Handwerk in das 21. Jahrhundert führen. Mittels computergestützter Technik wurde eine digitale Glockenform erstellt. Die Form der Marienglocke aus Naumburg, deren Klangaufbau für die neue Glocke dienen soll, wurde im Vorfeld mittels eines 3D-Scanners aufgenommen. Daraus wurde ein digitales Glockenmodell erstellt. Dieses diente als Grundlage für die Herstellung der Glockengussform für die neue Glocke.

Die Finanzierung der neuen Glocke über 50.000 € kann dank der großzügigen Unterstützung der Friede Springer Stiftung garantiert werden.

Die neue Glocke wurde am 1. Oktober 2021, angelehnt an den historischen Weihetag des Doms im Jahre 1021, geweiht. Ein wahrlich historisches Ereignis, denn vor knapp 500 Jahren, im Jahre 1538, wurde das letzte Mal eine Glocke für den Merseburger Dom geweiht. Einer jahrhundertealten Tradition folgend, wurde die Glocke das Weihefest-Wochenende über von hunderten Menschen angeschlagen.